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Kommentar: Für Deutschland kann es kein Comeback der Atomkraft geben

Kommentar

Für Deutschland kann es kein Comeback der Atomkraft geben

Michael Kerler
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    Deutschland steigt bis Ende 2022 auf der Atomkraft aus.
    Deutschland steigt bis Ende 2022 auf der Atomkraft aus. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Viele haben die Bilder der geborstenen Reaktorgebäude in Fukushima noch vor Augen, tief haben sie sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Teilweise erscheinen die Aufnahmen derart lebendig, dass man sich wundern mag, dass das Unglück bereits zehn Jahre her ist. Es hatte gravierende Folgen für Menschen und Umwelt. Ein Zurück zur Atomkraft darf es deshalb in Deutschland nicht geben. Das klingt nach einer Selbstverständlichkeit. Doch dies ist es nicht.

    Greta Thunberg und Bill Gates: Die Stimmen für eine Renaissance der Kernkraft mehren sich

    Nach dem Unglück in Fukushima hat die Bundesregierung den Weg zum schnelleren Atomausstieg bereitet. Ende 2022 gehen die letzten deutschen Kernkraftwerke vom Netz. Doch zuletzt mehrten sich Stimmen, der Kernkraft eine neue Chance zu geben. In Sachsen warnte Ministerpräsident Michael Kretschmer, CDU, davor, aus der Kernforschung auszusteigen. Klimaaktivistin Greta Thunberg hatte den Fehler begangen, Kernkraft als Möglichkeit für den Klimaschutz nicht auszuschließen und Microsoft-Gründer Bill Gates sieht hierfür vor allem Reaktoren einer neuen Generation als Chance.

    Ich habe selbst das Kernkraftwerk Gundremmingen mehrmals besucht, zum ersten Mal noch als Physik-Schüler. Ich habe großen Respekt vor der Leistung der Technik und des Teams. Die Atomkraft hat ihren Beitrag zur Industrialisierung Bayerns geleistet, eine Renaissance kann und sollte es aber nicht geben.

    Atomkraft bleibt riskant, ein Endlager ist nicht gefunden

    Fukushima hat gezeigt, dass die Atomkraft selbst in High-Tech-Ländern riskant bleibt. Atomunfälle sind selten, treten sie aber auf, sind die Folgen desaströs. Eine hundertprozentige technische Sicherheit gibt es nicht, menschliches Versagen kommt als Risiko hinzu – Die Reaktorkatastrophe im russischen Tschernobyl 1986 hatte so weite Teile Europas verstrahlt. Dazu kommt, dass in den bestehenden Reaktoren die giftigsten Stoffe entstehen, die die Menschheit je produziert hat. Deutschland will für die abgebrannten Brennstäbe ein Endlager finden, das Sicherheit für eine Million Jahre bietet. Das dürfte eine Herkulesaufgabe werden. Frühestens 2050 ist geplant, die ersten Castor-Behälter einzulagern.

    Manche Techniker und Befürworter wie Bill Gates setzen darauf, dass eine neue IV. Generation kleinerer Reaktoren mehr Sicherheit bietet und weniger strahlende Abfälle produziert. Marktreif scheinen diese Konzepte bisher jedoch nicht zu sein. Zudem werden auch diese Reaktoren hochgiftige, radioaktive Stoffe enthalten. Vor allem aber dürfte der Neubau eines Atomkraftwerks in Deutschland kaum mehr vermittelbar sein, denkt man allein an die Widerstände, die es geben kann, wenn auch nur ein neuer Funkmast geplant ist. Der deutsche Atomausstieg ist gesellschaftlich in langen Jahren errungen worden – scharfe Proteste gegen die Wiederaufbereitungsanlage im bayerischen Wackersdorf oder gegen Castor-Transporte inklusive. Das hat die Gesellschaft geprägt.

    Kein deutscher Energiekonzern würde derzeit ein neues AKW bauen

    Letztlich hat die Energiewirtschaft das Thema abgeschrieben. Kein deutscher Energiekonzern würde aktuell ein neues AKW in der Heimat errichten. Die Kosten neuer Reaktoren gelten als immens. Vielleicht bietet eines fernen Tages die Kernfusion einen Zugang zu unerschöpflichen Energiemengen. Sie ahmt die Prozesse im Inneren der Sonne nach – Ob dies gelingen kann, erforschen Techniker in Südfrankreich am Versuchsreaktor ITER. Es ist aber bisher nicht mehr als eine ferne Vision.

    Der deutsche Atomausstieg hat dem Ausbau erneuerbarer Energien einen Schub gegeben. Sonne und Wind können heute zu konkurrenzfähigen Preisen Strom liefern. Das Land muss diese Quellen stärker nutzen – Anstatt von der Rückkehr der Atomkraft zu träumen.

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