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Kommentar: Finanzpaket der EU: Europa ist ein Corona-Gewinner

Kommentar

Finanzpaket der EU: Europa ist ein Corona-Gewinner

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    Die EU hat sich auf ein Corona-Finanzpaket geeinigt.
    Die EU hat sich auf ein Corona-Finanzpaket geeinigt. Foto: Stephanie Lecocq, dpa

    Ja, das mühsam verhandelte Rettungspaket der EU ist sehr teuer. Aber viel teurer wäre es, unseren Kontinent einfach der Krise zu überlassen.

    Reduziert man das Wort „Krise“ auf seinen griechischen Ursprung, ist jede Krise auch: eine Entscheidung. In dieser aktuellen Corona-Krise hätten sich große Mitgliedstaaten der Europäischen Union also für Egoismus entscheiden können. Sind wir nicht, hätten sie argumentieren können, auch dank besserem Krisenmanagement, bislang ganz ordentlich durch diese Krise gekommen? Und warum sollen wir nun (mal wieder) zahlen für jene Staaten, die das (mal wieder) das nicht hinbekommen haben?

    Corona-Finanzpaket steht für echte Solidarität in der EU

    Es ist ein großes Glück, dass bei diesem EU-Gipfel der Extraklasse (zumindest was die Verhandlungstage anging), am Ende das genaue Gegenteil eingetreten ist - die Union zeigt echte und breite Solidarität, und lässt sich diese viele Milliarden kosten. Ja, das ist teuer. Aber den Kontinent einfach der Krise zu überlassen, würde ungleich teurer. Es stimmt, dass selbst diese scheinbare Selbstverständlichkeit keineswegs selbstverständlich von allen Gipfelteilnehmern geteilt wurde. Diesmal haben die Staats-und Regierungschefs nicht zur Schau oder aus purer Debattenfreude fast vier Tage miteinander gerungen. Sie waren wirklich zutiefst uneins.  

    Das überzeugendere Argument hat aber gewonnen. Denn zwar ist sehr wenig in der Politik wirklich alternativlos. Aber eine echte Alternative zu einem möglichst großen Corona-Rettungsplan in Europa gab es nicht. Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei, ihre wirtschaftlichen Auswirkungen beginnen sich erst abzuzeichnen, von der Gefahr einer zweiten Welle ganz zu schweigen.

    Finanzpaket der EU: Drängen auf Anpassungen des Rettungsplan war gut

    Und: Europa ist mit Blick auf die Krisenfolgen tiefer gespalten denn je zuvor, das droht die gesamte Union in den Abgrund zu ziehen. Auch die beim Gipfel als betont „sparsam“ auftretenden kleineren Mitgliedstaaten wie die Niederlande, Österreich, Schweden oder Dänemark würden wirtschaftlich massive Einbußen erleiden, sollte neben Italien und Spanien etwa noch Frankreich komplett abschmieren.

    Ganz zu schweigen davon, welche Konjunktur Populisten von links und rechts in besonders betroffenen Corona-Krisenländern bald erleben könnten. Wie sehr diese gerade Prinzipien des Freihandels schaden, sind sie erst einmal an der Macht, haben wir gerade erst in Großbritannien oder den USA erlebt.

    Dass kleinere Mitgliedstaaten ihre Bedenken in den vergangenen Tagen sehr lautstark vorgetragen haben, war ebenso gut wie ihr Drängen auf Anpassungen bei der Ausgestaltung des Rettungsplans. Wie sehr sie sich dabei jedoch auf ihre nationale Sichtweise verengt haben – der niederländische Regierungschef Rutte wirkte oft bissiger selbst als der ungarische Provokateur Orban – stimmt nachdenklich. Da werden die Europäer einander viel verzeihen müssen, um den geflügelten Satz aus der Corona-Zeit zu zitieren.

    Angela Merkel zeigt die oft geforderte Führungsstärke

    Natürlich haben kleinere EU-Mitgliedstaaten auch grundsätzlich Recht mit ihrem Vorwurf, Frankreich und Deutschland seien in seltener Einigkeit vorgeprescht. Doch, erneut, was wäre die Alternative gewesen? Gerade die Bundeskanzlerin hätte sich am ehesten auf den Standpunkt hätte stellen können, in dieser Krise brauche ihr Land die EU nicht - und sie diese im Spätherbst ihrer Karriere sowieso nicht mehr.

    Lange hat man Angela Merkel zudem (zu Recht) vorgehalten, keine europäischen Impulse mehr zu liefern, auf die etwa der junge französische Präsident Emmanuel Macron so gewartet hatte. Zeigen Paris und Berlin nun aber gemeinsam Führungsstärke, kann man ihnen dies schwerlich vorwerfen. Wer sonst hätte es diesmal tun sollen? Zum Glück hat sich der Gedanke durchgesetzt, dass Europa solidarisch weit besser aus dieser Krise kommt. So seltsam es klingt: der europäische Gedanke ist ein Krisengewinner.

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