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Kommentar: Europa braucht starke Regionen, aber keine neuen Nationalstaaten

Kommentar

Europa braucht starke Regionen, aber keine neuen Nationalstaaten

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    Noch immer schwelt in Katalonien der Konflikt um die Abspaltung von Spanien. Dabei braucht die EU starke Regionen, aber keine neuen Nationalstaaten.
    Noch immer schwelt in Katalonien der Konflikt um die Abspaltung von Spanien. Dabei braucht die EU starke Regionen, aber keine neuen Nationalstaaten. Foto: Frank Rumpenhorst (dpa)

    Während sich Großbritannien aus der Europäischen Union verabschiedet, kann es sich nicht einmal des eigenen Zusammenhalts sicher sein. 2014 ist zwar ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands gescheitert, aber die Abspaltung dieses Landesteils vom „Vereinigten Königreich

    Nationalistische Zersplitterung bedroht Europa

    Zersplitterung allenthalben? Nationalistische Tendenzen machen sich in immer mehr Regionen Europas breit. Dass in Belgien Flamen und Wallonen die Zwangsehe am liebsten auflösen würden, ist seit langem bekannt. Aber auch in Italien gibt es Autonomiebestrebungen in den wohlhabenden Regionen Lombardei und Venetien.

    Hat dieser Trend nicht auch gute Seiten? Träumen nicht viele sogar von einem „Europa der Regionen“? Die Rolle der kleinen Einheiten zu stärken, ist gewiss nicht verkehrt. Es entspricht dem Prinzip der Subsidiarität, jene Aufgaben nach unten zu verlagern, die dort am besten erledigt werden können. Aber die Vorkämpfer eines autonomen Kataloniens oder eines selbstständigen Schottlands wollen sich nicht mit zusätzlichen Kompetenzen begnügen. Sie streben kein „Europa der Regionen“ an. Sie wollen vielmehr neue Nationalstaaten ausrufen und damit neben die Regierungen in Madrid und London treten. Einen Europa-reformerischen Ansatz verfolgen sie nicht.

    Föderalismus statt Zentralismus: Wie Spanien von Deutschland lernen kann

    Für die EU, die derzeit 28 Mitgliedstaaten hat, wäre es kein Gewinn, wenn sich – bei gleichbleibender Fläche und Einwohnerschaft – die Zahl der Regierungen weiter erhöht. Bereits jetzt ist es schwer genug, in den Führungsgremien einstimmige Abstimmungsergebnisse zu erzielen. Wenn durch Abspaltungen weitere Regierungen hinzukommen, steigt die Gefahr, dass es künftig Staaten erster und zweiter Ordnung geben wird – ein Rückschritt für die europäische Idee.

    Angesichts des Unbehagens, das ein mögliches Verschmelzen zu den „Vereinigten Staaten von Europa“ bei Bürgern und Politikern auslöst, wird sich Europa realistischerweise auch künftig aus Nationalstaaten zusammensetzen. Dann aber muss die Zukunft der Regionen nicht außerhalb, sondern in den Nationalstaaten gesucht werden. Vorbildlich ist ein föderaler Staatsaufbau wie in Deutschland. Spanien dagegen wird seinen Zentralismus abbauen müssen, damit auch Katalonien seine Eigenheiten ausleben und vom Ertrag der dort geleisteten Arbeit profitieren kann.

    Warum Südtirol ein gutes Beispiel für Integration ist

    Das beste Beispiel für die gelungene Integration einer aufbegehrenden Region in einen Staat bietet Südtirol. Vor wenigen Jahrzehnten verübten Nationalisten dort noch Bombenattentate. Doch mit der Gewährung von Autonomie und der Garantie der Minderheitenrechte, zu denen auch die Mehrsprachigkeit zählt, konnte Italien den alpinen Landstrich befrieden. Die autonome Region Trentino-

    Dass die neue Regierung in Wien jetzt mit dem Angebot einer doppelten Staatsbürgerschaft für Südtiroler dazwischenfunken will, ist kontraproduktiv. Solches Handeln entspringt nationalistischen Fantasien im rechtspopulistischen Lager. Mit wohlverstandener Regionalisierung hat dies nichts zu tun. Vielmehr könnte es darüber sogar zu einem ernsten Konflikt zwischen zwei EU-Staaten kommen.

    Aktuelle Infos zum Konflikt in Katalonien finden Sie in unserem Newsblog. Newsblog.

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