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Kommentar: Ein Mindestlohn allein reicht nicht

Kommentar

Ein Mindestlohn allein reicht nicht

Stefan Lange
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    Der Mindestlohn liegt aktuell bei 9,60 Euro pro Stunde. Nach den bisherigen Plänen wird er zum 1. Januar 2022 auf 9,82 und zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro angehoben.
    Der Mindestlohn liegt aktuell bei 9,60 Euro pro Stunde. Nach den bisherigen Plänen wird er zum 1. Januar 2022 auf 9,82 und zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro angehoben. Foto: Jens Wolf, dpa

    Das Projekt wird auf ewig mit dem Namen Andrea Nahles verbunden sein. Am 16. August 2014 trat das „Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie“, kurz Tarifautonomie­stärkungs­gesetz, in Kraft. Die damalige Arbeitsministerin hatte es gegen viele Widerstände durchgesetzt, vor allem kämpfte sie für das darin enthaltene Mindestlohngesetz. Damals war es keineswegs sicher, dass der flächendeckende Mindestlohn für Deutschland überleben würde. Die Lohnuntergrenze wurde immer wieder torpediert. Während der Flüchtlingskrise 2015 etwa regten Politiker von CDU und CSU sowie der Opposition an, sie aufzuheben, um Flüchtlinge leichter in Arbeit zu bekommen.

    Der Mindestlohn trotzte allen Widrigkeiten, ein Erfolgsmodell ist er in all den Jahren jedoch nicht geworden. Denn der Gesetzgeber sah tatenlos zu, wie viele Firmen plötzlich kreativ wurden und sich Tricks einfallen ließen, um ihn zu umgehen. In der Gastronomie wurden und werden Trinkgelder mit dem Mindestlohn verrechnet. Urlaub wird gestrichen, die Arbeitszeit offiziell reduziert, während in Wahrheit wie bisher Stunden geknüppelt werden. Um das zu verhindern, hätte die Regierung schon längst mehr Kontrollen einführen müssen – eine Domäne übrigens von Bundesfinanzminister und SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz. Ihm untersteht der Zoll, der auch für die Überprüfung des Mindestlohns zuständig ist.

    Zwölf Euro Mindestlohn sind gut gemeint

    Wenn Scholz, würde er Kanzler werden, möglichst schnell eine Lohnuntergrenze von zwölf Euro einziehen will, dann ist das zunächst gut gemeint. Denn der derzeitige Mindestlohn von 9,60 Euro brutto pro Stunde reicht nicht für ein würdiges Leben, noch dazu vor dem Hintergrund explodierender Energiekosten und einer kräftigen Inflation. Selbst die 10,45 Euro, die im zweiten Halbjahr 2022 angepeilt werden, drücken nur wenig Respekt für die Arbeitenden aus.

    Scholz muss dann als Kanzler aber auch den nächsten Schritte gehen und den Mindestlohn nicht nur anheben, sondern wirklich durchsetzen. Dafür bräuchte er mehr Personal, das zu beschaffen ihm angesichts der leeren Kassen aber schwerfallen dürfte.

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