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Kommentar: Donald Trump ist eine Chance für Europa

Kommentar

Donald Trump ist eine Chance für Europa

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    Der neue US-Präsident Donald Trump ballt seine Fäuste.
    Der neue US-Präsident Donald Trump ballt seine Fäuste. Foto: Patrick Semansky (dpa)

    Wie eng sind die Länder dieser Welt miteinander verflochten? Kann es einer Nation noch gelingen, sich dem Trend zur Globalisierung zu entziehen und ihr Wohlergehen im Alleingang zu sichern? In Washington hat jetzt ein spannendes Experiment begonnen, das eine Antwort auf diese Frage verspricht.

    Der neu ins Amt eingeführte US-Präsident Donald Trump will versuchen, die Vereinigten Staaten von Amerika „wieder groß zu machen“, indem er sie gleich von zwei Jahrhundert-Trends abkoppelt: Arbeitsplätze verlagern sich von Industrie- in Billiglohnländer, während gleichzeitig arbeitssuchende Menschen von Entwicklungs- in Industrieländer wandern.

    Sind Trumps Ziele überhaupt erfolgversprechend?

    Der zum Präsidenten gewählte Geschäftsmann hat zwei Rezepte: Einerseits will Trump die illegale Einwanderung aus Mexiko durch den Bau einer Mauer verhindern. Andererseits sollen Firmen durch Strafzölle daran gehindert werden, Produkte für den US-Markt im Ausland zu fertigen. Die Erfolgsaussichten beider Projekte sind höchst zweifelhaft. Sicher ist indes, dass sie viel Ärger und massive Gegenreaktionen auslösen werden. Ob das die USA „wieder großartig machen“ wird, wie Trump gestern abermals versprach?

    Nun, eines darf man nicht vergessen: Die USA sind immer noch und trotz gewisser Probleme die wirtschaftlich, politisch und militärisch führende Macht auf dem Globus – ganz entgegen von Trumps Schwarzmalerei. Die amerikanischen Probleme – soziale Ungleichheit, regionale Wirtschaftsschwäche – müssten eigentlich in den USA gelöst werden. Dazu bedürfte es einer kreativen und konstruktiven Politik. Trump jedoch, der Populist, sucht die Lösung auf Kosten des Auslands.

    Dennoch muss sich der Rest der Welt mit dem Politikverständnis des neuen Herrn im Weißen Haus auseinandersetzen. Und auch damit, dass im Gedankengebäude des 45. US-Präsidenten alle anderen Länder von untergeordneter Bedeutung sind. Das muss keine Ängste auslösen, sondern eröffnet auch Chancen, speziell für Europa.

    Europa muss selbstständiger werden

    Die EU bleibt auch ohne Großbritannien mit künftig 450 Millionen Menschen bevölkerungsreicher als die USA (320 Millionen). Somit verfügt die EU über genügend Marktmacht und Wirtschaftskraft, um auf Strafzölle und andere Schikanen zu reagieren. Die Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Ich denke, wir Europäer haben unser Schicksal selbst in der Hand“, ist absolut zutreffend.

    Allerdings müssen die Europäer die richtigen Lehren ziehen. Auf der einen Seite wäre es falsch, in Antiamerikanismus zu verfallen; die Wertegemeinschaft des Westens ist ein hohes Gut, das auch einen US-Präsidenten Trump überstehen sollte. Auf der anderen Seite muss Europa den Mangel an Führung durch die USA nutzen, um selbstständiger zu werden. Viel zu schnell hat man bisher nach dem großen Bruder in Washington gerufen. Konflikte vor der eigenen Haustüre, ob in Jugoslawien oder in Libyen, wurden nicht aus eigener Kraft gelöst. Die EU muss dazu militärische Fähigkeiten entwickeln. Sie muss aber auch mehr Ressourcen einsetzen, um mit den Nachbarregionen Naher Osten und Afrika ins Reine zu kommen.

    Doch vor allem muss Europa seine Probleme lösen – aus eigener Kraft, nicht auf Kosten anderer. Die unkontrollierte Migration gehört dazu. Ebenso die Schuldenkrise. Und wie kann die EU nur die skandalös hohe Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa hinnehmen?!

    „Die EU ist Deutschland“, meint Trump, der einen weiteren Zerfall erwartet. Nein, die EU ist eine Gemeinschaft. Ihr hat sich soeben eine neue Herausforderung gestellt, an der sie wachsen kann.

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