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Kommentar: Die schwierigste Corona-Aufgabe: aufeinander zugehen

Kommentar

Die schwierigste Corona-Aufgabe: aufeinander zugehen

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    Rund sechs Monate ringen wir nun mit dem Virus.
    Rund sechs Monate ringen wir nun mit dem Virus. Foto: Alastair Grant, AP/dpa

    Dass Corona eine Zumutung ist, ist so oft gesagt, gar gebrüllt worden, dass man den Satz kaum noch schreiben mag. Doch auch nach rund sechs Monaten des Ringens mit dem Virus gilt: Corona ist eine Zumutung für unsere Demokratie, für unser Leben, unsere Psyche.

    Das so klar auszusprechen, hat nichts mit Weinerlichkeit zu tun. Natürlich kamen wir Deutsche bislang zum Glück weit besser durch diese Krise als fast alle anderen Völker und Länder.

    Doch existenzielle Krisen wirken individuell, sie beeinflussen den fiebrigen Geist oft stärker als den kühlen Verstand. Das erklärt die Unruhe, die Deutschland erfasst hat, durch alle Schichten und Lebensbereiche. Unsere Wirtschaft ist verpflastert durch Kurzarbeit und Rettungspakete. Aber das Abziehen dieser Pflaster wird sehr wehtun, und manche Branchen könnten nicht nur Schrammen behalten, sondern gar verschwinden.

    Verharmloser und Verschwörer: Manches können wir nicht diskutieren

    Die Politik sonnt sich zwar im Umfragehoch, zittert aber zugleich vor Zorn und Frust der Bürger. Denn der ist spürbar, jenseits von irren Reichstagsstürmern. Mit jeder Woche Corona wird klarer, dass das Virus zutiefst ungerecht ist – weltweit, denn arme Länder leiden am meisten. Aber auch bei uns. Bürger, die von der Krise kaum etwas spüren, vielleicht gar Entschleunigung genießen, leben Seite an Seite mit anderen, die sich ihrer Lebenschancen beraubt sehen.

    Deswegen wird der Diskurs rauer, wir Journalisten merken das auch. Viele Leser hielten uns erst vor, das Virus zu verharmlosen. Nun schreiben Kritiker, wir würden es im Regierungsauftrag hysterisch dramatisieren, Angela Merkel oder Markus Söder erteilten uns offenbar täglich Schreibbefehle.

    Die Corona-Rettungspolitik schwankt und muss sich oft revidieren

    Wir diskutieren viel darüber. Manches aber können wir nicht diskutieren. So wie wir keinem fanatischen Klimaschutzgegner Raum geben oder eine Holocaustleugnerin zur Erinnerungskultur befragen würden, wollen wir keine Tribüne bieten für Leute, die das Virus verharmlosen oder als große Verschwörung abtun. Wir wissen mittlerweile: Ja, Corona ist tödlich, das Virus hat weltweit bereits fast eine Million Menschen getötet. Aller Wahrscheinlichkeit nach wäre der Ausbruch ohne restriktive Maßnahmen deutlich schlimmer verlaufen. Mit einer Grippe ist Corona nicht vergleichbar.

    Wir wissen mittlerweile aber auch: Unser Gesundheitssystem ist (zum Glück) in dieser Pandemie nicht an seine Grenzen gestoßen. Es gibt aber akute Nebenwirkungen der Pandemiebekämpfung, soziale, gesellschaftliche, gesundheitspolitische und ökonomische.

    Ebenso nehmen wir wahr: Die Corona-Rettungspolitik schwankt und muss sich oft revidieren, die Debatten um Masken und Tests sind dafür gute Beispiele. Mit dem Wissen von heute, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn, hätte man im März vieles anders gemacht. Noch immer tasten sich die Politiker voran, ihnen fehlt es in der Regel an medizinischer Qualifikation. Wissenschaftler haben diese Qualifikation, laufen aber Gefahr, den Gesundheitsschutz über alles zu stellen. Zudem korrigieren sie sich oft, was wissenschaftlich verständlich ist, aber Menschen verständlicherweise verwirrt.

    Immer nachfragen, was nötig ist, bleibt, wird

    Man kann Politik und Wissenschaft kaum vorwerfen, dass sie beim Umgang mit einer ganz neuen Bedrohung Fehler machten. Unsere Aufgabe, als Medien und Bürger, ist jetzt aber, genau nachzufragen, was wie nötig ist, bleibt, wird – ohne das Totschlagargument zu fürchten, der Gesundheitsschutz verbiete Debatten. Und, wichtig, auch denen zuzuhören, die kritisch sind, aber nicht gleich radikal. Dass wir alle wieder aufeinander zugehen müssen, könnte die schwierigste Corona-Nachwirkung sein.

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