Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Die SPD kommt auf dem Weg zu alter Größe nicht voran

Kommentar

Die SPD kommt auf dem Weg zu alter Größe nicht voran

Stefan Lange
    • |
    Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken freuen sich über das Ergebnis.
    Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken freuen sich über das Ergebnis. Foto: Jörg Carstensen, dpa

    Gut ein halbes Jahr lang hat die SPD nach einer neuen Führung gesucht. Als Parteichefin Andrea Nahles die Brocken hinwarf, kamen die Sozialdemokraten auf die Idee, dass eine Doppelspitze die taumelnde Partei zu neuen Wahlerfolgen führen kann. Jetzt steht das Ergebnis fest. Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sind auserkoren, die SPD zu leiten. Sie müssen von einem Parteitag bestätigt werden, das ist Formsache. Die Wahrheit ist aber auch, dass die Lage für die SPD mit dieser Wahl noch schwieriger ist als vorher.

    Allein ein Blick auf die Wahlbeteiligung zeigt das Dilemma: An der Stichwahl zwischen Walter-Borjans und Esken sowie Scholz und Geywitz beteiligte sich nur gut die Hälfte der Parteimitglieder. Die Kandidatenpaare überzeugten offenbar nicht wirklich.

    Nur wiederum etwas mehr als die Hälfte derer, die sich überhaupt beteiligten, wählten die GroKo-Kritiker Esken und Walter-Borjans. Sie kamen auf schlappe 53,06 Prozent der Stimmen. Scholz und Geywitz als GroKo-Befürworter bekamen 45,33 Prozent. Das sind zwar acht Prozentpunkte weniger, eine krachende Niederlage ist das aber auch nicht. Damit kann niemand im Ernst behaupten, die Genossen seien geschlossen für die Aufkündigung des Bündnisses. Was die GroKo angeht, ist die Partei nicht schlauer geworden.

    Muss die Große Koalition beendet werden?

    Und selbst wenn der SPD-Parteitag in einer Woche zu dem Schluss kommt, die Große Koalition müsse beendet werden? Die Union würde ziemlich sicher zunächst mit einer Minderheitsregierung unter Beteiligung der FDP weitermachen. Denn vor allem die CDU ist noch nicht so weit, in Neuwahlen zu gehen. Die K-Frage ist bei den Christdemokraten ungeklärt, wie der CDU-Parteitag kürzlich gezeigt hat. Annegret Kramp-Karrenbauer muss immer noch damit rechnen, vom Thron gestoßen zu werden. Neuwahlen sind da im Moment unerwünscht.

    Wenn es Neuwahlen gibt, dann wohl frühestens Ende 2020, Anfang 2021. So lange hat die GroKo mit dem gerade verabschiedeten Bundeshaushalt vorgesorgt, so lange können die Rechnungen bezahlt werden. Dann wäre auch die wichtige deutsche EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Hälfte 2020 beendet. Die SPD hätte bis dahin kein Wörtchen mehr mitzureden. Die neue Parteispitze müsste allenfalls versuchen, in der Opposition neues Profil zu gewinnen. Was aber Mist ist, wie schon Ex-Parteichef Franz Müntefering wusste.

    Können Esken und Walter-Borjans Begeisterung entfachen?

    Immerhin: Sie könnte die Zeit nutzen, Geld anzusparen. Denn es ist kein Geheimnis mehr, dass den Sozialdemokraten so langsam die Mittel ausgehen und sie Schwierigkeiten hätten, die rund 24 Millionen Euro aufzubringen, die sie der letzte Bundestagswahlkampf kostete. Auch die K-Frage könnte in Ruhe geklärt werden. Bei aller Sympathie für ein Führungsduo: Es kann schließlich nur einen Kanzlerkandidaten beziehungsweise eine Kanzlerkandidatin geben.

    Nachdem das Ergebnis der Stichwahl feststand und Walter-Borjans mit Esken auf die Bühne im Willy-Brandt-Haus trat, wirkten beide ziemlich überrascht von ihrem Sieg. Es sah so aus, als ob sie selber damit nicht gerechnet hatten. Jetzt müssen die beiden auf Touren kommen. Wollen sie sich der GroKo-Verantwortung stellen oder flüchten? Mit welchem Programm und mit welchen Funktionären soll die SPD wieder erfolgreich werden? Um diese Fragen waren die beiden Politiker während der Kandidatenkür eher ausweichend herumgeschlichen, nun aber stehen sie in der Verantwortung und müssen liefern. Und zwar dringend, denn es geht um zwei wichtige Dinge fürs Land: um die Regierung und um den Fortbestand einer traditionsreichen Volkspartei.

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden