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Kommentar: Die Politik zeigt endlich, dass sie handlungsfähig ist

Kommentar

Die Politik zeigt endlich, dass sie handlungsfähig ist

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    Waren bei der Telefonkonferenz nicht immer einer Meinung: Kanzlerin Angela Merkel, Armin Laschet (Mitte) und Markus Söder (rechts).
    Waren bei der Telefonkonferenz nicht immer einer Meinung: Kanzlerin Angela Merkel, Armin Laschet (Mitte) und Markus Söder (rechts). Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Allen Unkenrufen zum Trotz: Bund und Länder ziehen im Kampf gegen die heimtückische Corona-Epidemie an einem Strang und einigen sich auf eine Maßnahme, deren Tragweite in der Geschichte der Bundesrepublik einzigartig ist. Durch ein weitreichendes Kontaktverbot soll die Ausbreitung des Covid-19-Erregers eingedämmt werden.

    Alle Ansammlungen von mehr als zwei Personen werden untersagt. Eine Ausgangsbeschränkung wie in Bayern bedeutet das aber nicht, auch wenn das Ziel dasselbe ist: die Ansteckungskurve abzuflachen, um so die drohende Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Denn sonst drohen auch Deutschland Bilder, wie sie aus Italien kommen: Lkw-Kolonnen, die Särge mit Corona-Toten in Krematorien transportieren. Noch besteht die Chance, dass die Republik mit ihren Maßnahmenpaketen die katastrophalen Auswirkungen der Krankheitswelle zumindest begrenzt.

    In der Corona-Krise zeigt sich: Föderalismus hat Vorteile

    Immerhin aber hat sich der Staat bisher in dieser nie gekannten Krise als durchaus handlungsfähig erwiesen. Zwar gibt es an der deutschen Kleinstaaterei vieles zu kritisieren, zum Beispiel im Bildungsbereich. Doch ein klug gelebter Föderalismus kann sogar Vorteile bringen. Wenn Bayern etwa mit seinen Ausgangsbeschränkungen noch weiter gegangen ist, hat dies den Druck auf andere Bundesländer, mit konsequenten Maßnahmen nachzuziehen, nur erhöht.

    Für die Bürger bietet ein abgestuftes Vorgehen der einzelnen Länder zudem die Möglichkeit, sich gedanklich mit unterschiedlichen Herangehensweisen auseinanderzusetzen. Bayern hat mit seinem schnellen Handeln auf seine Grenzlage zur Corona-Krisenregion Tirol reagiert, ohne kostbare Zeit zu verlieren. Dass in allen 16 Bundesländern über eigene Wege debattiert wurde, hat die Bandbreite der Möglichkeiten vergrößert.

    16 Bundesländer - 16 Modelle zur Corona-Bekämpfung

    Föderalismus schafft Vergleichbarkeit, nicht nur, was die einzelnen politischen Handlungen betrifft. Auch der jeweilige Politikstil, den die Verantwortlichen in den einzelnen Landeshauptstädten in der Krisenbewältigung an den Tag legen, lässt sich so besser bewerten. Natürlich entstand durch die weitreichenden Zuständigkeiten der Bundesländer eine Art Flickenteppich in der Bekämpfung der Epidemie. In einigen Ländern fielen die Maßnahmen deutlich härter aus als in anderen.

    Manche sehen diesen Mechanismus als „Überbietungswettbewerb“ um Härte und Konsequenz, für andere führt er dazu, dass in der Krise wertvolle Reaktionszeit verloren geht. Wäre alles über den Corona-Erreger Covid-19 bekannt und gäbe es bereits absolut gesicherte Erkenntnisse darüber, wie er sich am besten aufhalten lässt, dann wäre natürlich ein zentralistisch organisierter Staat im Vorteil, er könnte dann schnell und konsequent alles Nötige veranlassen und dann konsequent durchsetzen. Doch die aktuelle Epidemie wurde von vielen unterschätzt, von Medizinern, Virologen, aber auch von mächtigen Politikern. In zentralistisch regierten Ländern können solche Fehleinschätzungen katastrophale Folgen haben. US-Präsident Donald Trump oder der britische Regierungschef Boris Johnson haben lange abgewiegelt, was Risiken der Corona-Krise betrifft.

    Im Föderalismus darf es auch mal krachen

    Wenn mächtige Herrscher störrisch auf falschen Annahmen beharren, kann das fatale Folgen haben. Da ist es besser, wenn die Bundesrepublik durch Telefonkonferenzen von 16 sperrigen Landeschefs mit der Kanzlerin zu Ergebnissen kommt, auch wenn es dabei tüchtig kracht. Deutschland sollte nun seine Kräfte nicht länger mit einer Diskussion über den Föderalismus verschwenden, sondern sich ganz auf den Kampf gegen die Corona-Epidemie konzentrieren.

    Wie verändert sich die Arbeit von Journalisten in Zeiten des Coronavirus? In einer neuen Folge unseres Podcasts geben wir einen Einblick.

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