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Kommentar: Die Kassenlage der Ampel-Parteien ist dünn, aber nicht hoffnungslos

Kommentar

Die Kassenlage der Ampel-Parteien ist dünn, aber nicht hoffnungslos

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    Auch die Schuldenbremse erlaubt es, Schulden zu machen. Es sind etwa 12 Milliarden Euro pro Jahr.
    Auch die Schuldenbremse erlaubt es, Schulden zu machen. Es sind etwa 12 Milliarden Euro pro Jahr. Foto: dpa

    Auf der Suche nach den Milliarden, die nicht da sind. Unter diese Überschrift könnte man die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP stellen. Dass die Milliarden nicht da sind, liegt an

    Könnten SPD und Grüne allein eine Regierung formen, wäre das Begleichen der Rechnung kein Problem. Sie würden sich das Geld leihen und die Staatsverschuldung in die Höhe gehen lassen. Wegen der FDP ist dieser Weg vernagelt, aber es gibt einige Schlupflöcher. Was häufig untergeht, ist zuerst einmal, dass Schuldenbremse und Schwarze Null nicht dasselbe sind. Schwarze Null heißt ein Staatshaushalt ohne Kredite.

    Die Schuldenbremse erlaubt hingegen in stabilen Zeiten eine Mini-Verschuldung von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung. Gemessen am Vor-Corona-Jahr 2019 waren das rund 12 Milliarden Euro. Das ist nicht die Welt, aber ein Anfang.

    Milliarden aus der CO2-Abgabe

    Hinzu kommen die Einnahmen aus der neuen CO2-Steuer. Weil der Preis für die Tonne CO2, die beim Heizen oder Autofahren bis 2025 von jetzt 25 Euro auf 55 Euro steigt, klettern die Einnahmen automatisch mit. Das wird Milliarden in die Kasse spülen, die zu großen Teilen an die Bürger über die Abschaffung der Ökostromumlage zurückgegeben werden sollen. Aber daraus ließen sich auch Klimaschutzprogramme finanzieren, zum Beispiel ein neues Programm für Solaranlagen auf Hausdächern.

    Die Ampel-Koalitionäre können zudem darauf setzen, dass die Steuereinnahmen schon dieses Jahr wieder so stark sprudeln wie vor der Pandemie. Zwischen Januar und September wurde das 2019er Niveau erreicht. Wenn Corona im Zaum gehalten werden kann und der Mangel an Computerchips behoben ist, der die Industrie lähmt, ist mit starkem Wachstum zu rechnen, das die Einnahmen nach oben treibt. Der Staat könnte seine Investitionen dann erheblich steigern, ohne sich verschulden zu müssen.

    Doch Grüne und SPD (weniger die FDP) wollen ja auch den Sozialstaat ausbauen. Hartz-IV soll abgeschafft und durch ein höheres Bürgergeld ersetzt werden. Die Pflegekasse wird nach der Reform Zuschüsse aus dem Haushalt brauchen, genau wie die Rentenkasse. Die Überweisung aus dem Bundeshaushalt zu ihrer Stützung ist schon heute der größte Einzelposten des Etats – Tendenz steigend. Die Mehreinnahmen werden also nicht reichen, um Investitionen und den Ausbau des Sozialstaates zu decken.

    Robert Habeck und der italienische Mönch

    Bei Grünen und SPD wird deshalb intensiv überlegt, staatliche Unternehmen wie die Bahn oder die bundeseigene Immobilienanstalt einzuspannen. Sie könnten Kredite aufnehmen, um dem Klimaschutz zu finanzieren, die nicht auf das Bundesbudget angerechnet werden. Solche Operationen haben den Ruch von Schattenhaushalten, deshalb arbeitet vor allem Grünen-Co-Chef Robert Habeck daran, die Bewertung von Schulden zu drehen.

    Sein Argument geht so und hat etwas für sich: Fließt Geld in Schulen, in das Schienennetz und moderne Behörden, haben die Bürger etwas davon. Den Ausgaben steht ein höherer Nutzen gegenüber. Unternehmen weisen genau das in ihrer Bilanz aus, die nach der doppelten Buchführung erstellt wird. Erfunden hat sie der Mönch Luca Pacioli vor 500 Jahren in Italien. Der deutsche Staat wendet sie für sich bis heute nicht an. Eine Regierung des Aufbruchs sollte ein halbes Jahrtausend aufholen.

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