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Kommentar: Die Hölle in Haiti

Kommentar

Die Hölle in Haiti

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    Der Wettlauf gegen die Zeit in Haiti.
    Der Wettlauf gegen die Zeit in Haiti.

    Das Erdbeben hatte eine Stärke von 7,0. Das Epizentrum lag am Rande San Franciscos. Die Zahl der Todesopfer: 63. Verletzt wurden 3757 Menschen. Das war am 17. Oktober 1989. Das

    Der Vergleich, so unzulänglich er sein mag, zeigt, dass es sich eben nicht nur um eine Naturkatastrophe handelt. Erst die Armut machte aus dem schlimmen Erdbeben die verheerende Katastrophe, die massenhaft Menschen in den Tod riss. Die Hölle in Haiti hat ihre Ursache in einer verhängnisvollen Mischung aus mangelhafter Vorsorge, schlechter Bauqualität, unterentwickelter Infrastruktur und schwachen Institutionen.

    Die Hilfe, die jetzt ins Land kommt, ist ein gutes Zeichen internationaler Solidarität. Die Globalisierung, die vielen oft eher als Fluch denn als Segen erscheint, zeigt hier ihre Stärke: Eine medial vernetzte Welt erlebt die Betroffenheit gemeinsam, lässt sich berühren von den erschütternden Bildern und rafft sich schnell zu einer globalen Hilfsaktion auf. Gut möglich, dass daraus die größte Hilfsaktion wird, die es je gegeben hat. Doch das ändert nichts daran, dass die Probleme Haitis viel tiefer reichen. Die Soforthilfe, so lebenswichtig sie ist, kann die über Jahrzehnte und Jahrhunderte gewachsenen Probleme nicht lösen. Haiti, das im Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit nur auftaucht, wenn Diktatoren kommen oder gehen oder wenn eben Katastrophen zu vermelden sind, war schon lange das Armenhaus der westlichen Welt, ein Jammertal im geografischen Niemandsland.

    Aber warum? Der Vorwurf, die Industrieländer hätten Haiti zu wenig geholfen, stimmt so nicht. Haiti hat viel Geld bekommen, doch durch Missmanagement und Korruption versickerte das meiste in dunklen Kanälen. Gerade deshalb hat Entwicklungshilfe in Haiti zuletzt vor allem im Kleinen stattgefunden. Mehr als 100 Hilfsorganisationen, sogenannte NGO, waren schon vor dem Erdbeben in Haiti tätig. Das hat die tägliche Not gelindert. An den Strukturen des Landes hat es nichts geändert.

    Vielleicht ist die Tragödie dieser Tage auch die Chance zu einem Neuanfang und neuen Denkmodellen für die Entwicklungshilfe. Im Augenblick brauchen die Menschen in Haiti jede Hilfe, die sie bekommen können. Auf Dauer aber wird man darüber nachdenken müssen, wie genau man Haiti wirklich und dauerhaft helfen kann. Die vielen teuren, bewundernswerten Versuche der Vergangenheit liegen in Trümmern - so wie Haiti selbst.

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