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Kommentar: Die Faschingsferien zu streichen, war unfair und unnötig

Kommentar

Die Faschingsferien zu streichen, war unfair und unnötig

Lea Thies
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    Homeschooling fordert Schüler, Eltern und Lehrer.
    Homeschooling fordert Schüler, Eltern und Lehrer. Foto: Nicolas Armer, dpa (Archiv)

    Ach, wäre das schön gewesen. Heute früh aufzuwachen und zu wissen: jetzt eine Woche Ferien. Also nicht am Montagmorgen gleich wieder den Rechner hochfahren, das Videokonferenzprogramm starten und zwischen „Dein Mikro ist noch aus“ und „Ich sehe nichts“ Mathe, Deutsch, Englisch und noch vieles mehr lernen. Einfach mal kurz Pause machen. Verschnaufen. Tausende Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte in Bayern hätten sich das so sehr verdient gehabt. Aber die Landesregierung hat ihnen diese Verschnaufpause in harten Lockdown-Zeiten leider und unverständlicherweise nicht gegönnt.

    Die Schulen hatten sich auf den Distanzunterricht vorbereitet

    Diese Entscheidung aus München zeigt einmal mehr, wie weit entfernt das Kultusministerium von der Basis ist. Da mag Kultusstaatssekretärin Anna Stolz medienwirksam drei bayerische Schulklassen via Videokonferenz besucht und dort erfahren haben, wie gut das Homeschooling dank des großartigen Einsatzes der Schulfamilie funktioniert, möglicherweise sogar auch, welcher Druck gerade auf den Familien von Schulkindern lastet – aber leider hat das nichts geändert. Die Staatsregierung hält daran fest: Heuer gibt es keine Faschingsferien.

    Das ist wirklich bitter für die Schulfamilien, die sich in den vergangenen Wochen enorm ins Zeug gelegt hatten. Viele hatten sogar vorgearbeitet, weil nämlich für zahlreiche Kinder und Erwachsene an den Schulen schon vergangenen Sommer klar war, dass eine zweite Infektionswelle und ein zweiter Lockdown kommen werden. Die Schulen haben also rechtzeitig Endgeräte besorgt, den Kindern Zugänge zu Videokonferenz-Programmen angelegt, das Einwählen in den Distanzunterricht geübt. Nach den Ferien gaben viele Lehrkräfte Gas, um möglichst viel Stoff vor einer zweiten Schulschließung vermitteln zu können.

    Als dann im Dezember auch die Politik endlich begriff, was da auf uns zurollt und den Lockdown verhängte, waren viele Schulen längst bereit für den Distanzunterricht. Hätten sie so agiert wie die Politik, dann würde das Homeschooling heute höchstwahrscheinlich immer noch nicht funktionieren. Die Schulen haben zum Glück nicht einfach auf Anweisungen aus München gewartet, sie haben nachgedacht und dementsprechend gehandelt.

    Homeschooling funktioniert: Die Kinder lernen!

    Kaum ein Lehrer, kaum eine Lehrerin hatte Ahnung vom Distanzunterricht, aber wer wie unsere Kinderseitenredaktion über 20 Unterrichtsstunden im Homeschooling vom Computer aus miterleben durfte, der staunt, welch Innovation, welch Kreativität und welch Engagement da unterwegs ist. Viele Lehrerinnen und Lehrer sind zurzeit fast rund um die Uhr erreichbar, viele wachsen über sich hinaus und ergreifen die Chance, sich digital weiterzubilden und den Kindern auf anderen Wegen Wissen zu vermitteln. Viele Kinder, so erfuhren wir, ackern daheim mehr als sonst – und die allermeisten vermissen nicht nur ihre Freunde, sie vermissen auch die analoge Schule. Viele Lehrkräfte sagen, dass die Kinder durch das Homeschooling nicht nur schlagartig technisch fit wurden, sondern nebenbei auch noch selbstständiges Arbeiten lernen. Ja, sie lernen!

    Homeschooling ist nicht einfach nur stupides Herumsitzen vor dem Computer. Es ist Schule mit anderen Mitteln – und mit einer großen Zahl an Aushilfslehrkräften namens Mama und Papa. Ohne die Eltern ginge in vielen Kinderzimmerschulen gar nichts. Auch für sie wäre eine Woche Pause eine willkommene Entlastung gewesen.

    Man kann den Kindern und Eltern nun also leider keine schönen Ferien wünschen, aber vielleicht viele besonnene Lehrkräfte, die diese Woche etwas langsamer machen, weil sie wissen, dass Stress und Unzufriedenheit Lerngift sind.

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