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Kommentar: Deutschland muss Verantwortung übernehmen

Kommentar

Deutschland muss Verantwortung übernehmen

Margit Hufnagel
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    CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer.
    CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Foto: Michael Kappeler/dpa

    Man kann Annegret Kramp-Karrenbauer viel vorwerfen – aber nicht, dass sie den einfachen Weg geht. Während sich der Sturm, der seit ihrem Vorstoß zu einer Sicherheitszone in Nordsyrien über sie hinwegfegt, langsam legt, geht sie in die nächste Offensive. In einer sicherheitspolitischen Grundsatzrede stellte die Verteidigungsministerin klar, dass sich Deutschland auf eine neue Rolle einstellen muss: Nicht mehr der Stänkerer aus der letzten Bank, der den internationalen Partnern sagt, was sie alles anders, also besser machen sollten. Sondern ein Land, das sich bewusst ist, dass aus seiner schieren Größe und Macht auch Verantwortung erwächst. Und im Zweifel zu robusten Mitteln greifen muss, um Sicherheit, Freiheit und Menschenrechte zu verteidigen. Es ist Zeit, dieses Thema öffentlich und ganz grundlegend zu diskutieren.

    Kramp-Karrenbauer weiß, dass ihre Vorschläge Kontroversen auslösen

    Sie wisse, dass ihre Vorschläge zu gesellschaftlichen Kontroversen führen werden, sagte Annegret Kramp-Karrenbauer – das ist wohl noch harmlos ausgedrückt. Und Deutschland hat ja auch gute Gründe, den Griff zur Waffe zu scheuen. Der Pazifismus speist sich aus dem Wissen, dass Militäreinsätze viel zu häufig nur zusätzliches Leid schaffen und Frieden keineswegs die logische Fortsetzung von Kriegseinsätzen ist.

    Nicht umsonst hat sich Deutschland weltweit den Ruf des diplomatischen Experten erworben, der gerade durch seine machtpolitische Zurückhaltung große Achtung genoss. Hinzu kommt: Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee, die sich nicht einfach so mit einem Marschbefehl aus dem Ministerium in Bewegung setzen lässt.

    Die EU muss für den Westen eine Orientierungsmacht werden

    Und doch gibt es eben durchaus Argumente, warum die außenpolitische Zurückhaltung auf Dauer schwierig ist. Das wichtigste: Die Welt hat sich schlicht geändert. Die Nato ist innerlich zerrissen und beobachtete erst kürzlich sprachlos, wie sich mit den USA und der Türkei zwei Mitgliedsländer an der syrischen Front feindlich gegenüberstanden. Spätestens mit Donald Trump verabschiedet sich Amerika von seiner Rolle als Weltpolizist und mischt sich nur noch dort ein, wo eigene Interessen direkt betroffen sind.

    Russland will mit seinen Großmachtgelüsten die Welt den eigenen Vorlieben entsprechend ordnen. Der Iran zündelt im Nahen Osten und könnte damit schnell einen Flächenbrand auslösen. Wer da nicht glaubhaft versichern kann, dass rote Linien eingehalten werden müssen, wird nicht ernst genommen. In Zeiten wie diesen braucht es eine wertebasierte Orientierungsmacht für den Westen – das muss Europa sein. Doch ohne ein starkes Deutschland wird auch die EU unsichtbar und schwach bleiben.

    Die Idee eines Nationalen Sicherheitsrates ist zu begrüßen

    Dass Berlin Außenpolitik kann, hat es immer wieder bewiesen. Mit seiner Ost- und Entspannungspolitik hat Willy Brandt Großes, ja: Großartiges geleistet. Die europäische Einigung trägt die Handschrift deutscher Politiker wie Kohl oder Genscher. Und ja: Auch Schröders Nein zum Irakkrieg war eine klare Haltung. Heute aber befindet sich der sicherheitspolitische Diskurs in einem seltsamen Schwebezustand. Die

    Dass die Verteidigungsministerin diesmal kein Himmelfahrtskommando vorschlägt, sondern mit einem Nationalen Sicherheitsrat ein Instrument schaffen will, das erst einmal Strukturen aufbaut, ist zu begrüßen. Viel zu wichtig ist das Thema, um es durch schlagzeilenträchtige Schnellschüsse und verzweifelte Versuche der Selbstprofilierung zu beschädigen. Wer den Kurs der Bundesrepublik verschieben will, trägt eine große Verantwortung – da darf nicht der Eindruck entstehen, dass vor allem eine politische Karriere befeuert werden soll.

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