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Kommentar: Deutschland hat ein Problem mit den Ultra-Rechten

Kommentar

Deutschland hat ein Problem mit den Ultra-Rechten

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    Ultra-Rechte sind in Deutschland auf dem Vormarsch.
    Ultra-Rechte sind in Deutschland auf dem Vormarsch. Foto: Ulli Deck, dpa (Symbolbild)

    Die Morde von Hanau und Halle, der Mord an Walter Lübcke, die Mordserie des NSU. Rechte Kameraden bei der Eliteeinheit der Bundeswehr und bei der hessischen Polizei. Ein rechtsextremer Flügel bei der größten Oppositionspartei im Bundestag. Deutschland hat ein Problem mit den Ultra-Rechten. Ihr Ziel ist die Abschaffung der freien Gesellschaft. Ihr Ziel ist der Rauswurf von Ausländern, Fremden und die Abrechnung mit der Linken. Die Bedrohung ist größer geworden in den letzten Jahren und wurde lange verdrängt. Die Gesellschaft hatte sich auf den Islamismus als ihren gefährlichsten Gegner fokussiert.

    Polizei und Geheimdienste konzentrierten ihre Kräfte auf den Kampf gegen tödliche Attentäter im Namen Allahs. Das war notwendig, wie mehrere vereitelte Anschläge aber eben auch das blutige Attentat vom Berliner Breitscheidplatz zeigen. Gleichzeitig ließen die Sicherheitskräfte den Neonazis mehr Raum, um sich zu organisieren, zu vernetzen und stärker zu werden. In einigen Fällen agierten sie stümperhaft und ein kleiner Teil sympathisierte sogar mit ihnen.

    Zehn bis zwanzig Prozent sind anfällig für Extremismus

    Die Fehler der Vergangenheit rächen sich heute. Es wird einige Jahre dauern, ehe Polizei und Geheimdienst Zugriff auf die verschlossenen Strukturen haben. Einsame Wölfe, die sich allein im Internet radikalisieren, werden für die Ermittler immer schwer zu fassen sein. Dennoch müssen sie jetzt an die Strukturen ran und die Netzwerke observieren, damit weitere Gewalttaten verhindert werden können. Dass es eine Gesellschaft frei von Rechtsextremismus geben wird, ist eine Illusion. In der DDR war er angeblich mit Stumpf und Stiel ausgerottet. Nach der Wende lernte Deutschland, dass das eine Lebenslüge des Ostens war.

    Ein stabiler Teil von zehn bis zu 20 Prozent der Gesellschaft ist anfällig für nationalistisches und rassistisches Gedankengut. Eine Minderheit dieser Minderheit radikalisiert sich und ist bereit für Kampf. Diese Wenigen zog es in den 1970er Jahren zum Beispiel in die Wehrsportgruppe Hoffmann. In den 90er Jahren verbreiteten sie Angst und Gewalt als Springerstiefel-Glatzen in West- und Ostdeutschland.

    Der Staat darf Extremisten keine Luft lassen

    Sie muss der Staat im Schach halten, darf ihnen keine Luft lassen. Dasselbe gilt im Übrigen für Linksextreme und Islamisten. Die Existenz der einen relativiert nicht die Gefährlichkeit der anderen, frei nach dem Motto: Die sind genauso böse und deshalb ist es nicht so schlimm, was wir tun. Der Staat darf keine dieser drei Gruppen aus dem Auge verlieren. Die Schwierigkeit besteht in der Praxis darin, die eigenen endlichen Kräfte der Bedrohungslage anzupassen. Derzeit sind Rechtsextreme die größte Gefahr, aber auch der Linksextremismus erstarkt und der islamische Terror ist lange nicht besiegt.

    Alle anderen, die nicht extrem sind, gehören zu dieser Gesellschaft. Das ist oft schwer auszuhalten, aber in der freien Gesellschaft sind selbst radikale Positionen erlaubt – sei es von rechts, links oder aus dem Schoß einer Religion. Das gilt so lange, wie die demokratischen Spielregeln nicht abgeschafft werden sollen. Eine Minderheit muss die Möglichkeit haben, zur Mehrheit zu werden. Meinungsfreiheit heißt nicht nur Freiheit für Wohl-Meinende. Meinungsfreiheit heißt nicht, dass die eigene Meinung unwidersprochen bleibt. Wie anstrengend das für ein Gemeinwesen ist, haben die letzten Jahre gezeigt. Ob ein neues Wir-Gefühl wie nach der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 entsteht, ist offen. Den Streit der Meinungen dadurch künstlich zu entschärfen, dass bestimmte Positionen tabuisiert werden, weil sie angeblich rassistisch oder chauvinistisch sind, kann kein Weg einer demokratischen Gesellschaft sein.

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