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Kommentar: Deutschland baut zu langsam, zu wenig und viel zu teuer

Kommentar

Deutschland baut zu langsam, zu wenig und viel zu teuer

Michael Pohl
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    Die Krise am Wohnungsmarkt wird zum Problem.
    Die Krise am Wohnungsmarkt wird zum Problem. Foto: Ulrich Wagner

    Nicht jeder ärgert sich über explodierende Mieten: Der Wohnkonzern Vonovia vermeldete diese Woche, dass sein Gewinn seit Jahresbeginn um satte 20 Prozent nach oben schoss. Gut für die Aktionäre des größten deutschen Privatvermieters: Der Wert der Aktie verdoppelte sich in den vergangenen fünf Jahren. Weniger erfreulich für die 400.000 Mieter des Konzerns: Binnen zwölf Monaten erhöhte Vonovia seine Durchschnittsmiete um sechs Prozent.

    Der Konzern, der vor Jahren unter dem Namen Deutsche Annigton Negativschlagzeilen machte, zählt zum Feindbild einer Kampagne, die in Berlin nach Enteignung ruft. Die Ziele des Volksbegehrens sind zwar absurd, aber man hätte sich eine ähnlich laute Debatte gewünscht, als unter der damaligen rot-grünen Regierung 2001 das exakte Gegenteil passierte: Damals verscherbelte der Bund 65.000 Eisenbahnerwohnungen an den Konzern als Grundstock des heutigen Vonovia-Imperiums.

    Mit der Privatisierung entledigte sich der Bund der Verantwortung für die Mieter

    Mit der Privatisierung entledigte sich der Bund der Verantwortung für die Mieter. Gleiches tat die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit 81.000 Mietwohnungen, die heute Vonovia ebenso gehören wie 48.000 Wohnungen, die von der Stadt Dresden zu Geld gemacht wurden. Mit all dem stopften Bund, Länder und Kommunen Schuldenlöcher. Zur gleichen Zeit zog sich der Bund auch noch aus dem sozialen Wohnungsbau zurück.

    Nun hilft der Blick zurück wenig für die Bewältigung akut drängender Probleme. Doch er hilft, aus Fehlern zu lernen. Die Privatisierungswelle hat zwar mit dem unrühmlichen Verkauf der 33.000 Wohnungen der bayerischen Wohnungsgesellschaft GBW ein Ende gefunden. Doch die Bundesregierung wiederholt an anderer Stelle immer noch ihre alten Fehler.

    Den Sonntagsreden vom „Bauen! Bauen! Bauen!“ folgen kaum Taten. Die Regierung steckt noch immer lieber wertvolles Steuergeld in laufende Ausgaben wie dem neuen Baukindergeld, anstatt endlich mit nötigen Investitionen in den sozialen Wohnungsbau einen Kraftakt zu beginnen, der noch dazu staatliches Vermögen schaffen würde.

    Sozialer Wohnungsbau ist kein Armutsthema: Seit 1990 fiel die Zahl der Wohnungen mit Sozialbindung von drei auf eine Million. Die Lücke fehlt heute als Preiskorrektiv auf dem Wohnungsmarkt.

    An das größte Hindernis wagt sich die Koalition kaum heran

    Allein um den weiteren Schwund an Sozialwohnungen zu stoppen, bräuchte es das Vierfache der von der Koalition versprochenen 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Doch weder kommt die Wohnbau-Offensive bislang in Gang noch andere beim Wohngipfel im Herbst angekündigte Maßnahmen. Die von Experten seit Jahren geforderte Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau, die den Impuls für 600.000 neue Mietwohnungen bringen sollte, wurde sogar stillschweigend beerdigt. Stattdessen boomt vor allem der Eigenheimbau.

    Auch an das größte Hindernis, die Überbürokratisierung der Neubau-Vorschriften, wagt sich die Koalition kaum heran. Dabei wäre dies für den Staat nicht nur billig zu haben. Es würde das Bauen endlich billiger machen und statt Strohfeuer wie die Mietpreisbremse vor allem langfristig helfen. Stattdessen baut Deutschland weiterhin zu teuer, zu langsam und viel zu wenig erschwingliche Wohnungen.

    Mit einem Comeback als fordernder und tatkräftiger Bauminister hätte Horst Seehofer eigentlich sein lädiertes Image renovieren können. Doch der CSU-Mann verblasst zusehends im Kabinett. Auch die anderen Koalitionspartner verkennen den Ernst der Lage. Die Rechnung zahlt wie so oft die junge Generation: Eine neue Wohnung zu finden ist für Familien und Arbeitnehmer, die für neue Jobs umziehen müssen, so teuer wie nie.

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