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Kommentar: Der nächste Kanzler muss mehr moderieren, als Ansagen machen

Kommentar

Der nächste Kanzler muss mehr moderieren, als Ansagen machen

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    Armin Laschet oder Olaf Scholz? Noch ist unklar, wer der nächste Bundeskanzler wird.
    Armin Laschet oder Olaf Scholz? Noch ist unklar, wer der nächste Bundeskanzler wird. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik. So steht es im Grundgesetz. Was das im Regierungsalltag heißt, hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier wunderbar veranschaulicht. Bei seinen Aufritten vor Publikum richtete er meistens beste Grüße „von der Chefin“ aus.

    Die Chefin ist (noch) Angela Merkel. Sie führt eine Koalition aus ihrer Union und der SPD, ein Zweierbündnis, wenn CDU und CSU als ein Lager gewertet werden. Merkels Nachfolger wird aller Voraussicht nach ein Dreierbündnis führen – entweder eine Ampelkoalition aus oder eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDPFDP.

    Für den künftigen Regierungschef – sei es Olaf Scholz oder Armin Laschet – bedeutet das, dass die Fliehkräfte in der Koalition größer werden. In beiden Bündnissen gibt es eine Partei aus dem jeweils anderen politischen Spektrum. Bei der Ampel muss die wirtschaftsliberale FDP in ein linkes rot-grünes Projekt eingefügt werden.  Bei Jamaika die Grünen in ein wirtschaftsliberal-konservatives Projekt von FDP und Union.

    Wenn sich die zwei Kleinen einig sind, wird es schwierig für den Regierungschef

    In der Folge wird der Kanzler mehr moderieren müssen, als Ansagen machen zu können. Dass  FDP und Grüne vorab miteinander ausloten und erst später SPD oder CDU dazuholen wollen, ist das sichtbarste Zeichen der Machtverschiebung. Wenn sich die zwei Kleinen einig sind, wird es schwierig für den Regierungschef. Immerhin kann der kommende Kanzler auf eine Basis bauen, die ihm Merkel errichtet hat. Unter ihrer Ägide ist das Kanzleramt kräftig aufgestockt worden. Jedes Ministerium wird dort durch eigne Abteilungen gespiegelt.

    Kein Gesetzentwurf geht durch, wenn das Kanzleramt nicht zuvor sein Einverständnis gegeben hat. Geltung wird Merkels Erbe auch in der Außenpolitik suchen, die fast vollständig in den Bereich der Kanzlerin gewandert ist. Der Posten des Außenministers hat massiv an Bedeutung eingebüßt, weil heute auch Kanzleramt und die anderen Ministerien außenpolitische Stäbe aufgebaut haben. Es geht nicht anders, da die Welt vernetzter ist als früher. Der Kanzler bleibt weiter die herausgehobene Figur der deutschen Politik. Er wird aber vom König zum primus inter pares – zum Ersten unter Gleichen.

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