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Kommentar: Der Preis der Corona-Krise: Deutschland schwimmt nicht im Geld

Kommentar

Der Preis der Corona-Krise: Deutschland schwimmt nicht im Geld

Rudi Wais
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    In den roten Zahlen: Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung des Bundeshaushalts 2022 und des Finanzplans bis 2025.
    In den roten Zahlen: Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung des Bundeshaushalts 2022 und des Finanzplans bis 2025. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Wahltage sind Zahltage. Wer auch immer in der nächsten Legislaturperiode das Finanzministerium übernimmt: Er (oder sie) wird eine lange Liste teurer Wahlversprechen finanzieren müssen. Die CDU hat 15 Milliarden Euro für den Ausbau des schnellen Internets versprochen, die CSU eine höhere Mütterrente und die FDP eine milliardenschwere Steuerentlastung. Die Sozialdemokraten wollen langjährig Versicherten länger Arbeitslosengeld bezahlen und die Grünen allen Bürgerinnen und Bürgern ein Energiegeld als Ausgleich für steigende Strom-, Sprit- und Heizkosten. Für alle dieser Vorhaben haben die Parteien gute Argumente – in der Summe aber verdichten sie sich zu einem fatalen Eindruck: Deutschland, so scheint es, schwimmt im Geld.

    Die Schuldenquote ist kräftig gestiegen

    Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. 650 Milliarden Euro an neuen Schulden nehmen Bund, Länder und Gemeinden nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft bis zum nächsten Jahr auf: der Preis der Corona-Krise, die der Politik auch finanziell alles abverlangt hat. Doch so vernünftig es war, Unternehmen und Millionen von Beschäftigten mit dem Kurzarbeitergeld über diese Durststrecke zu helfen, Test- und Impfzentren aufzubauen, Künstler über Wasser zu halten oder die Kliniken zu alimentieren: Diese

    Trotzdem hat die Koalition in ihrem Entwurf für den Bundeshaushalt 2022 die Schuldenbremse noch einmal gelockert und zusätzliche Kredite von knapp 100 Milliarden Euro veranschlagt - wohl auch, um nach der Wahl noch Spielraum für das Einlösen möglichst vieler Versprechen zu haben. Dabei müsste 2022 trotz der zusätzlichen Kosten zur Bewältigung der Flutkatastrophe das Jahr sein, in dem Bund, Länder und Gemeinden aus dem Corona-Ausnahmezustand in den Normalbetrieb zurückschalten.

    Die Konjunkturforscher sind wieder optimistischer

    Die Wirtschaft, so scheint es, hat das Schlimmste hinter sich, eine vierte Welle würde keinen kompletten Lockdown mehr auslösen und auch die Prognosen der Konjunkturforscher fallen heute optimistischer aus als noch vor einigen Monaten. Diesen Prozess kann die Politik mit Investitionen in die Digitalisierung, die Bildung oder die Infrastruktur unterstützen, nicht aber mit zusätzlichen Sozialleistungen oder gar dem Erhöhen von Steuern. Der deutsche Fiskus bittet Unternehmer und Arbeitnehmer schließlich schon jetzt im Übermaß zur Kasse. In keinem anderen Staat, das zeigt ein Vergleich der Industrieländer-Organisation OECD, zahlt ein durchschnittlich verdienender Single mehr Steuern.

    Deutschland hat kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem - umso wichtiger wäre es, nach der Wahl einen Kurs der ökonomischen Vernunft einzuschlagen, egal in welcher Koalition. Verbesserungen beim Elterngeld, wie die SPD sie plant? Würden Familien freuen, sind aber nicht zwingend nötig. Die geplante „Generationenrente“ der CDU, in die der Staat schon für Neugeborene einzahlt? Eine Idee aus dem sozialpolitischen Paradies, in dem die Milliarden auf den Bäumen wachsen. Die grüne Grundsicherung als Ersatz für Hartz IV? Ginge ebenfalls ins Geld, weil sie deutlich höher ausfiele.

    Auch wenn die Tugend der Bescheidenheit keine politische Tugend ist, so tut sie im Moment mehr not denn je. Ende vergangenen Jahres stand Deutschland mit 2,3 Billionen Euro in der Kreide.

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