Ein fanatisierter Einzeltäter, der einen Lkw stiehlt und mit ihm in mörderischer Besessenheit über einen Weihnachtsmarkt rast? Zu glauben, Anis Amri habe im Dezember 2016 quasi im luftleeren Raum operiert, wäre nach allem, was man bisher weiß, reichlich naiv – dazu waren seine Kontakte in die Szene viel zu intensiv.
Ob der Tunesier deshalb aber gleich Teil eines europaweiten Terrornetzwerkes war, wie abgehörte Gespräche mit einem seiner mutmaßlichen Komplizen es nun suggerieren, ist damit auch noch nicht erwiesen. Wer sagt denn, dass der inhaftierte Clement B. sich nicht größer macht, als er in Wirklichkeit war?
Anis Amri war kein einsamer Wolf
Sicher ist nach allem, was aus den Ermittlungen durchgesickert ist, nur eines: Europas Islamisten sind enger miteinander vernetzt, als es Geheimdienste und Polizeibehörden lange Zeit wahrhaben wollten, sie denken über Grenzen hinweg und lassen sich durch Verhaftungen, missglückte Anschläge und das Zerbröseln des Islamischen Staates nicht entmutigen.
Scheitert ein Plan wie der von Amri, eine Bombe in einem Berliner Einkaufszentrum zu verstecken, nimmt der Attentäter einfach ein neues Ziel ins Auge. Die Theorie vom einsamen Wolf, der in einen Lkw steigt, um seinen Hass auf alles Westliche auszuleben, war vom ersten Tag an falsch.