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Kommentar: Der EU-China-Pakt ist bahnbrechend – aber auch erstaunlich

Kommentar

Der EU-China-Pakt ist bahnbrechend – aber auch erstaunlich

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    Chinas Präsident Xi Jinping nimmt an einer Videokonferenz mit den EU-Spitzen teil. Die EU steht kurz vor dem Abschluss ihres Abkommens mit China.
    Chinas Präsident Xi Jinping nimmt an einer Videokonferenz mit den EU-Spitzen teil. Die EU steht kurz vor dem Abschluss ihres Abkommens mit China. Foto: Li Tao/XinHua, dpa (Archivbild)

    Die Weltpolitik sorgt hier und da für eigenartige Konstellationen. Dass sich die chinesische Führung nach vielen Jahren meist ergebnisloser Gespräche über ein Investitionsabkommen mit der EU ausgerechnet jetzt zu Zugeständnissen bereiterklärt hat, die kaum jemand für möglich gehalten hatte, liegt an einem Mann, der sein mächtiges Amt noch gar nicht innehat: Joe Biden, der kommende Präsident der Vereinigten Staaten.

    Zu dessen Credo gehört seit dem Wahlkampf die Ausarbeitung einer Strategie gegenüber (besser: gegen) China. Europa erschien ihm da als geborener Partner. Schließlich hat die Gemeinschaft ähnliche Probleme mit einer fairen ökonomischen Zusammenarbeit mit Peking.

    Pakt zwischen der EU und China: Europa muss Binnenmarkt öffnen

    Doch das Abkommen, auf das sich die Union und das Reich der Mitte nun offenbar verständigt haben, nimmt Bidens Plan die Luft aus den Segeln. In Brüssel macht man auch keinen Hehl daraus, dass die Zeit günstig war, um dieses erste umfassende Abkommen mit China zu schließen. Denn die EU hat sich – nach vier Jahren der Frustrationen mit US-Präsident Donald Trump – vorgenommen, selbstbewusst und als selbstständiges Schwergewicht zu agieren.

    Mit diesem Vertrag, so das Kalkül in Brüssel, kann man den Amerikanern auf Augenhöhe begegnen und ist nicht mehr von deren Forderungen abhängig. Doch auch abseits dieser strategischen Überlegungen zur internationalen Rolle Pekings bleibt der Vertrag mehr als erstaunlich. Immerhin hat sich die Führung nun zu den internationalen Abkommen der Weltarbeitsorganisation ILO bekannt. Somit dürfen die Arbeiter des Riesenreiches sich künftig unabhängigen Gewerkschaften anschließen, Zwangs- und Kinderarbeit werden verboten, ausländische Investitionen geschützt.

    EU-Länder fürchten Abfluss von Know-How nach China

    Im gleichen Maße wie China muss allerdings auch die Europäische Union ihren Binnenmarkt öffnen, was noch mehr Beteiligungen von Unternehmen und Investoren aus Fernost möglich macht. Zumindest diese Bereitschaft der 27 Mitgliedstaaten darf als erstaunlich gelten. Schließlich war in vielen Ländern der Gemeinschaft der Widerstand gegen einen regelrechten Ausverkauf von Schlüsselunternehmen in den vergangenen Jahren immer lauter geworden. Das chinesische Kapital war zwar vor allem in Betrieben, die dringend frisches Geld brauchten, willkommen. Aber solche Investitionen führten in vielen Fällen zum Absaugen des Knowhow.

    Die EU riskiert mit dem China-Deal viel. Denn sie steht ab sofort unter Beobachtung, weil die Zweifel groß sind, dass Peking  sich an Arbeitnehmer- und Menschenrechte hält. Dann, aber auch nur dann, wäre das Abkommen ein großer Erfolg.

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