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Kommentar: Das Dilemma der CDU: Sie hat zu viele Möchtegern-Kanzler

Kommentar

Das Dilemma der CDU: Sie hat zu viele Möchtegern-Kanzler

Rudi Wais
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    Norbert Röttgen, Armin Laschet, Friedrich Merz, Norbert und Jens Spahn werden derzeit als kommende CDU-Vorsitzende gehandelt.
    Norbert Röttgen, Armin Laschet, Friedrich Merz, Norbert und Jens Spahn werden derzeit als kommende CDU-Vorsitzende gehandelt. Foto: Weihrauch/Nietfeld, dpa

    Es kann nur einen geben. Schon der Versuch, aus mehreren Kontrahenten mit den gleichen Ambitionen eine Art Team zu formieren, ist absurd. Rudolf Scharping, Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine haben es im Wahlkampf 1994 mit ihrer berühmten Troika um den Kanzlerkandidaten Scharping trotzdem gewagt – und sind an ihren eigenen Animositäten gescheitert. Erst vier Jahre später, als die SPD in Teilen noch zweifelnd, aber nach außen geschlossen hinter Schröder stand, wurde aus ihrem Kandidaten auch ein Kanzler.

    Der CDU geht es im Moment ähnlich. Nach der überraschenden Bewerbung des früheren Umweltministers Norbert Röttgen hat die Partei jetzt vier potenzielle Vorsitzende, die in Naturell und Politikverständnis unterschiedlicher kaum sein könnten: den liberal-leutseligen Armin Laschet, den konservativ-kühlen Friedrich Merz, den szenig-smarten Jens Spahn und den agil-angegrünten Röttgen. Diese vier nur um des Parteifriedens willen in ein gemeinsames Korsett zu zwingen, ohne dabei ständig neue Spannungen zu produzieren, ist schlechterdings unmöglich. Die CDU wird sich daher entscheiden müssen. Wie die SPD 1998 auch.

    Armin Laschet oder Friedrich Merz?

    Für eine Partei, der ihre Geschlossenheit über alles geht, ist das eine ziemlich ungemütliche Vorstellung – gleichzeitig aber bietet das Kandidatenrennen um den Vorsitz der CDU die Gelegenheit, ihre durch Angela Merkels Regierungsstil bis zur Unkenntlichkeit abgeschliffenen Kanten wieder zu schärfen und sich ihrer selbst neu zu vergewissern. Sieht die Partei von Konrad Adenauer und Helmut Kohl sich heute als Wettbewerberin in einer neuen Mitte, die erkennbar weiter links steht als die neue Mitte von Gerhard Schröder? Betont sie ihr wertkonservativ-bürgerliches Erbe wieder stärker? Oder mogelt sie sich irgendwie herum um all diese Fragen, als gebe es keine AfD und keine Umfragewerte weit unter der 30-Prozent-Marke?

    Lächelt verschmitzt - und schweigt: Armin Laschet, NRW-Ministerpräsident und einer der aussichtsreichen Kandidaten für den CDU-Vorsitz.
    Lächelt verschmitzt - und schweigt: Armin Laschet, NRW-Ministerpräsident und einer der aussichtsreichen Kandidaten für den CDU-Vorsitz. Foto: Arne Dedert, dpa

    Die Entscheidung über ihren Vorsitzenden ist, ob die CDU es will oder nicht, auch eine Richtungsentscheidung, die vermutlich auf eine Frage hinausläuft: Laschet oder Merz? Beides zusammen wird die Union kaum bekommen, einen konservativen Aufbruch und die Fortsetzung der Merkel-Politik mit anderen Mitteln. Und auch das erinnert, ein wenig, an die Sozialdemokratie im Frühjahr 1998, die sich ja ebenfalls zwischen zwei Antipoden entscheiden musste: hier der Linke Lafontaine, der Liebling der Basis, dort der Pragmatiker Schröder, der Genosse der Bosse.

    Armin Laschet: Der Lafontaine der CDU

    So gesehen ist der Parteimann Laschet heute der Lafontaine der CDU – und der Umfragekönig Merz ihr skeptisch beäugter Schröder. Beide zusammen bilden die ganze Bandbreite der Union ab, ohne aber so zu harmonieren, dass der eine Parteichef werden könnte und der andere Kanzlerkandidat. Die Sehnsucht nach einer einvernehmlichen Lösung mag noch so groß sein: Solange die CDU nur ein Amt zu vergeben hat, nämlich den Parteivorsitz, erübrigen sich alle Spekulationen über die von Laschet beschworene Mannschaftslösung oder eine Ämterteilung nach der Wahl, bei der einer der vier Kanzler wird, einer Fraktionsvorsitzender und die beiden anderen Minister. Noch hat die Union die Wahl nicht gewonnen. Und je länger sie zaudert, umso geschäftsschädigender wird die Hängepartie mit vier Möchtegern-Kanzlern für sie.

    Die SPD hat sich 1998 nach Gerhard Schröders Triumph bei der Wahl in Niedersachsen für den Kandidaten mit den größten Erfolgsaussichten entschieden und ihren Wahlkampf damals ganz auf ihn zugeschnitten. Scharping und Lafontaine wurden unter Schröder später Minister – wenn auch nur für kurze Zeit. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

    Lesen Sie dazu auch: Viermal NRW: Hat die CDU nur noch Männer aus dem tiefen Westen?

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