Corona-Regeln: Handy-Überwachung ist zu kurz gedacht

11.01.2021

Mittels Handydaten überprüfen, ob sich die Menschen an die 15-Kilometer-Regel halten? Das ist aus mehreren Gründen Unsinn - und in der Praxis nicht umsetzbar.

Die Forderung nach einer Handy-Überwachung des 15-Kilometer-Radius bei hohem Infektionsgeschehen ist aus mehreren Gründen Unsinn. Erstens stehen auf dem Land die Funkmasten des mobilen Netzes zu weit auseinander, um Positionen genau zu bestimmen. Zweitens fehlt für den schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte jegliche rechtliche Grundlage und drittens würde die Polizei die Arbeit gar nicht schaffen, selbst wenn es eine gesetzliche Erlaubnis dafür gäbe. Denn die Beamten müssten im Einzelfall nachprüfen, ob jemand einen triftigen Grund hat oder nicht, wenn er oder sie die 15-Kilometer-Grenze bricht.

Digitale Überwachung der Corona-Regeln ist in der Praxis gar nicht möglich

Hinter der Diskussion um diesen speziellen Fall steht aber die  größere Frage nach dem richtigen Verhältnis von Datenschutz und der Bekämpfung der Pandemie. Im wahrsten Sinne des Wortes ist die Frage zu stellen, ob sich Deutschland zu Tode schützt, weil die hohen Anforderungen die Corona-Warn-App unbrauchbar machen? Damit verknüpft ist die Tatsache, dass Millionen Menschen hierzulande den Internetkonzernen Google und Facebook freiwillig täglich ihre Daten aushändigen. Kaum ein Land auf der Welt pflegt einen derart strengen Datenschutz wie Deutschland.

 

In der Pandemie könnte man aus guten Gründen dafür eintreten, beispielsweise die Corona-App verpflichtend zu machen, um Leben zu retten. Doch auch dieser Vorstoß hört sich im ersten Augenblick gewinnbringender an, als er in der Praxis ist. Denn auch hier stellt sich wieder Frage, wie eigentlich sanktioniert werden soll, wenn jemand kein modernes Smartphone besitzt, um sich die App herunterzuladen? Oder ob der Staat jeden bestrafen will, der seine Bluetooth-Funktion nicht eingeschaltet hat?

Behörden in Deutschland brauchen dringend neue technische Ausstattung

Was wirklich helfen würde, wäre die Übermittlung der Risiko-Kontakte mit Infizierten an die Gesundheitsämter. Doch dazu müssten die Ämter erst einmal in der Lage sein, diese Daten technisch zu analysieren. Das sind sie aber nicht. In der extrem angespannten Phase der Überlastung wird es nicht gelingen, neue Software absturzsicher einzuführen. Die Geschichte von der Einführung neuer Computerprogramme bei den Behörden ist eine Geschichte des Scheiterns, wie der Ärger um die Lernplattformen für Schüler in ganzen Land zeigt. Nachdem der Corona-Erreger unter Kontrolle ist, müssen die Länder nicht nur die Gesundheitsämter völlig neu ausstatten. Das wurde in den vergangenen Jahren sträflich verschlafen.

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