Die deutsche Verkehrspolitik gehört seit vielen Jahren zu den größten Schwachstellen der Bundesregierung. Beeinflusst von der Lobby der Autokonzerne haben die Minister von Manfred Stolpe (SPD, 2002-2005) bis Alexander Dobrindt (CSU, 2013-2017) strategisch so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann.
Sie beauftragten den Manager Hartmut Mehdorn mit der Privatisierung der Bahn, um die Kosten für den Staat zu senken - und scheiterten. Der Effekt ist bis heute spürbar: Die Bahn ist kaputtgespart und man hat das Gefühl, selbst mit der Lummerland-Bahn der Augsburger Puppenkiste besser zu fahren.
Verkehrsminister kümmerten sich um "Ausländer-Maut" statt um saubere Luft
Die verantwortlichen Minister verkannten zudem die Wirkung der vereinbarten EU-Schadstoffgrenzwerte und kümmerten sich nicht darum, die Luft in den Städten einigermaßen rein zu halten. Es gab lange Jahre keine nationalen Initiativen zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs zu einer attraktiven Alternative zur individuellen Automobilität.
Stattdessen stürzte sich vor allem der ehemalige Partei-Generalsekretär Alexander Dobrindt nach 2013 als neuer Minister verbissen darauf, das unsinnige CSU-Wahlversprechen, die Einführung einer “Ausländer-Maut” auf deutschen Autobahnen, einzulösen.
Sein Nachfolger Andreas Scheuer in die Reihe der Minister ohne strategischen Weitblick einzureihen, wäre nicht fair. Er ist noch kein Jahr im Amt. Doch waren auch seine ersten Amtshandlungen wenig ermutigend. Immerhin hat er in den vergangenen Monaten den Kuschelkurs mit der durch Schummel-Software in Ungnade gefallenen Auto-Industrie beendet und den Druck auf die Bahn erhöht, das Transportunternehmen professioneller aufzustellen.
Das Possenspiel um Scheuer und seine Regierungsberater
Das Possenspiel um das "Schock-Papier" (Bild) der Regierungsberater zur Zukunft der Mobilität lässt dagegen auch an Scheuer zweifeln. Wieso setzt der Minister eine Kommission ein und kanzelt danach die Ergebnisse als “gegen jeden Menschenverstand” ab? Wobei die inhaltliche Kritik an den Vorschlägen durchaus berechtigt ist: Ein mit Telematik gesteuertes flexibles Tempolimit ist sinnvoller als starre Verbotsschilder. Und drastische Benzinpreiserhöhungen sind vor allem eines: sozial ungerecht. Es spricht auch unter Scheuer viel dafür, dass die schlechte deutsche Verkehrspolitik der vergangenen Jahre nahtlos fortgesetzt wird.