Dass Wahlversprechen keine unumstößlichen Wahrheiten sind und häufig schnell verwelken wie gepflückter Mohn, wissen die Wähler. In Sachen Finanzen und Geld ist aber gut 100 Tage vor der Wahl bei CDU und CSU ein Wunderglaube nötig, damit das Konzept den Wirklichkeitstest bestehen könnte. Die Union verspricht ein magisches Dreieck aus sinkenden Steuern im Milliardenumfang, ohne die wegfallenden Einnahmen durch Einsparungen an anderer Stelle ausgleichen zu wollen. Gleichzeitig soll zum Staatshaushalt ohne große Schulden zurückgekehrt werden. Sich den Wählerinnen und Wählern damit als Lager der finanzpolitischen Vernunft zu verkaufen, muss man sich erst einmal trauen. Die Union tut es.
Wahlprogramm zeigt: Die Partei der Gutverdiener ist die Union
Tollkühn wird es regelrecht, wenn sie dann noch die Grünen als Partei der besserverdienenden Akademiker attackiert, denen es ja egal sein kann, wenn Fliegen und Autofahren teurer wird. Würde das Finanzkapitel von CDU und CSU tatsächlich in der nächsten Wahlperiode Wirklichkeit, würden die Schwesterparteien ausgerechnet jene Gutsituierten und Wohlhabenden entlasten und nicht die kleinen Leute vom Land. Denn genau darauf zielen die Vorschläge ab. Im politischen Wettbewerb – zumal vor Wahlen – zählen vollgeschriebene Seiten jedoch wenig und Gefühle, Parolen und die richtige Inszenierung viel.
Bestes Beispiel dafür ist die Corona-Politik, die CSU-Chef Markus Söder wegen seiner klaren Ansagen eine bislang ungekannte Wählergunst bescherte und ihm damit beinahe die Kanzlerkandidatur gebracht hat. Tatsächlich hatte Bayern mit die höchsten Ansteckungsraten in ganz Deutschland. Es ist also alles andere als ausgeschlossen, dass die Union mit dem magischen Finanzdreieck die Wahlen gewinnt. Die Wählerinnen und Wähler sollten dann aber nicht enttäuscht sein, wenn die Steuern nicht sinken oder der Staat doch mehr Schulden macht. Eigentlich ist ihnen das bewusst. Der Rest ist Wahlkampf.