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Kommentar: Beim Thema Sicherheit im Cyber-Zeitalter fehlt eine europäische Linie

Kommentar

Beim Thema Sicherheit im Cyber-Zeitalter fehlt eine europäische Linie

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    Das Wirtschaftswachsum der Eurozone verliert am Tempo.
    Das Wirtschaftswachsum der Eurozone verliert am Tempo. Foto: Jens Kalaene, dpa

    Man kann nicht einmal sagen, Europa hätte sich keine Mühe gegeben. Noch bevor die Münchner Sicherheitskonferenz richtig begann, dozierten zwei der einflussreichsten Damen des Kontinents zur Sicherheitspolitik. Annegret Kramp-Karrenbauer, neue CDU-Chefin, sprach ebenso wie Christine Lagarde, Direktorin des Internationalen Währungsfonds, auf der

    Und damit nicht genug: Zum offiziellen Konferenzauftakt sagte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Deutschland müsse militärisch mehr leisten. Auch Kanzlerin Angela Merkel wird sich am Samstag zu Wort melden. Und sogar Friedrich Merz, der so gerne als CDU-Chef zur Sicherheitskonferenz gekommen wäre, sprach in kleinem Kreis über Deutschlands Verantwortung.

    Deutschlands Führungsrolle in der Sicherheitspolitik fehlt

    Die Worte, die sie alle fanden, waren richtig und wichtig. Nur ändern sie an zwei grundlegenden Prämissen nichts, die für maximale Verunsicherung sorgen sollten: Europa – und ganz speziell Deutschland– ist zwar Austragungsort der wichtigsten sicherheitspolitischen Tagung des Jahres. Doch wir muten dabei an wie eine Art Schweiz, die in den Debatten um die Sicherheitspolitik der Zukunft nichts zu sagen hat – und darauf auch keinen Anspruch erhebt. Und die zweite, vielleicht noch beunruhigendere Erkenntnis: Was das eigentlich ist, "Sicherheit" im 21. Jahrhundert und in Zeiten der Cyberattacken und globalen Vernetzung, kann kaum einer der hochrangigen Teilnehmer wirklich beantworten.

    Wie sehr Deutschlands Führungsrolle fehlt, wird schon im oben aufgeführten Wirrwarr der Personen deutlich. Die Kanzlerin versteht sich im Spätherbst ihrer Kanzlerschaft vor allem als Außen-Kanzlerin. Mit gewissem Recht, ihre Reputation in Europa und dem Rest der Welt ist gewaltig. Doch horcht man hinein in die versammelte diplomatische Weltelite, herrscht Ratlosigkeit, für welche neuen Pläne Merkel noch stehen soll, in Europa und der Welt.

    Kramp-Karrenbauer müht sich um ein globales Profil

    Gleiches gilt für ihre angeschlagene Bundesverteidigungsministerin. Kramp-Karrenbauer wiederum müht sich um globales Profil, aber vom Saarland bis Washington ist es ein weiter Weg. Friedrich Merz hat den schon hinter sich. Aber jedes Mal, wenn er forsch die Stimme erhebt, schwingt mit, dass ihm im entscheidenden Moment die Stimme versagte.

    So eine klare Stimme aber bräuchte es. Vor allem, um die Deutschen von der Wichtigkeit dieser Mission zu überzeugen. In einer jüngsten Umfrage zum transatlantischen Verhältnis regen sie sich zwar furchtbar über Donald Trump und den Abschied der USA von ihrer einstigen Weltmachtsrolle auf. Aber mehr deutsche Verantwortung in diesem weltpolitischen Vakuum wünschen sich auch nur ganz wenige. Weil auch die Brexit-Briten um sich selber kreisen und Frankreichs Präsident Macron so eingekreist wirkt, dass er gar nicht nach München kam, wirkt Europa wie abgemeldet – während die Chinesen den großen Auftritt proben und die Amerikaner mit einer Rekorddelegation anreisen.

    Das gilt leider auch für die Frage, wie Sicherheit überhaupt noch funktionieren soll im 21. Jahrhundert. Bei der Konferenz sprach auch Bruce Schneier von der Harvard University, der vielleicht einflussreichste Experte bezüglich Cyber-Sicherheit. Er legte in wenigen Sätzen dar, dass mittlerweile alles vernetzt sei, alles geknackt werden könne – und an der Spitze des Überwachungskapitalismus ausschließlich amerikanische Riesenkonzerne stehen. Im Saal der meist europäischen Sicherheitsexperten herrschte: betroffenes Schweigen.

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