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Kommentar: Aufs Maul geschaut - die Werkzeuge der Populisten

Kommentar

Aufs Maul geschaut - die Werkzeuge der Populisten

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    Warum sind Populisten wie Donald Trump derzeit so erfolgreich?
    Warum sind Populisten wie Donald Trump derzeit so erfolgreich? Foto: David Maxwell, dpa

    Man könnte jetzt hier beginnen mit dem schlechten Kaffee heute Morgen, dem miesen Wetter, aber der eine oder andere würde sich gewiss alsbald fragen, was das mit dem Thema Populismus zu tun und überdies in einem Leitartikel verloren hat. Mit anderen Worten: Die Erwartung an diesen Text hätte sich nicht erfüllt.

    (Halbwegs funktionierende) Kommunikation muss sich aber immer an Erwartungen ausrichten, und das umso mehr, je politischer, öffentlicher sie wird, schließlich gilt es ja, einen möglichst großen Adressatenkreis anzusprechen, im besten Fall für sich einzunehmen. Die alles entscheidende Frage ist aber nun, auf welche Weise das geschieht – womit wir dann doch schon mittendrin wären im Thema. Um den derzeit zu beobachtenden, globalen Aufstieg des Populismus zu verstehen, ist es jedenfalls notwendig, denjenigen, die vermeintlich dem „Volk“ nach dem Maul reden, auf dasselbige zu schauen. Wie also reden Populisten? An welchem kleinsten gemeinsamen Nenner an Erwartungen orientieren sie ihre Kommunikation, um damit größtmögliche Wirkung zu erzielen?

    Populismus spricht immer eine Gruppe Unverstandener an

    Noch mal, auch wenn es theoretisch klingt und vielleicht ein bisschen mühsam ist: Kommunikation zielt immer darauf ab, verstanden zu werden und richtet sich deshalb stets am Erwartungshorizont des Gegenübers aus. Was aber, wenn das Gegenüber ebenfalls vorrangig nur verstanden (im Sinne von: wahrgenommen) werden will? Dann wird wohl derjenige verstanden und erzielt die größte Wirkung, der dem anderen eben das Gefühl gibt, ihn zu verstehen. Ich verstehe, dass du verstanden werden willst – das ist natürlich erst mal lediglich eine Kommunikation knapp über der Nulllinie und vor allem bar jedweder Inhalte. Das ist aber auch der Grund, warum es auf diese gar nicht so sehr an-, der Populismus in so vielen Spielarten daherkommt: Ob lateinamerikanischer Linkspopulismus, mitteleuropäischer Rechtspopulismus, Trump’scher Ego-Populismus – immer wird eine Gruppe vermeintlich Unverstandener angesprochen. Und unverstanden können sich heutzutage viele und aus den unterschiedlichsten Gründen fühlen, weswegen ja auch die Anhängerschaft der „Volksversteher“ heterogener ist, als es auf den ersten Blick und vor allem laut den Selbstbekundungen der Populisten ausschaut. Diese müssen sich ja auf ein möglichst monolithisches, freilich in dieser Ausprägung immer imaginäres „Volk“ berufen, alleine, um sich gegen jede Kritik zu immunisieren und in Stellung zu bringen: „Wir sind das Volk“, so beispielsweise Recep Tayyip Erdogan auf einer Parteiveranstaltung, um sich dann an seine Kritiker zu wenden mit der rhetorischen Frage: „Und wer seid ihr?“ Soll heißen: Ihr gehört nicht dazu, eure Argumente sind deswegen keine, können ignoriert werden, ja, sind sogar gefährlich – bis zum „Volksschädling“ ist es da nicht mehr weit.

    Populisten: Direkt auf den Bauch zielende Kommunikation

    Die Ausgrenzung und Verächtlichmachung Andersdenkender, mögen sie – je nachdem, ob die Populisten an der Macht sind oder nicht – zur Opposition oder zum Establishment gehören, ist die eine Stoßrichtung populistischer Parolen. Die andere zielt auf die eigene Anhängerschaft, soll diese größer erscheinen lassen, zusammenschweißen, im Besitz der (meist moralischen) „Wahrheit“ wähnen.

    Das geht natürlich nicht über eine besonders ausdifferenzierte Argumentation, die im Gegenteil ja wieder manch einen Unverstandenen ausschließen würde. Das geht nur über eine direkt auf den Bauch zielende Kommunikation, die alles andere im Diffusen lässt. Zu mieses Wetter, zu viele Ausländer und nicht mal einen ordentlichen Kaffee kriegt man mehr für sein Geld.

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