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Kommentar: Auf Ungeimpfte zu schimpfen, macht nichts besser

Kommentar

Auf Ungeimpfte zu schimpfen, macht nichts besser

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    Abgesagter Weihnachtsmarkt.
    Abgesagter Weihnachtsmarkt. Foto: Roland Schlager, dpa

    Deutschland steht erneut vor einem harten Corona-Winter. Wer ist schuld? Zunächst einmal das Virus: Die Deltavariante ist sechsmal ansteckender als jene, die

    Solange es keine Impfpflicht gibt, ist es das Recht jedes einzelnen, sich, aus welchen Gründen auch immer, nicht impfen zu lassen. Wenn aus der Politik nun eine „moralische Pflicht“ angemahnt wird, darf man die Frage stellen, wie sich viele politisch Verantwortliche verhalten: Haben sie nicht ebenso so in den vergangenen Monaten die Realität verdrängt? Gerade die epidemische Notlage geleugnet? Schieben sie nicht notwendige Entscheidungen solange auf, bis es zu spät ist? Die Verweigerung der

    Das Frühwarnsystem der Klinikampel hat aus vielen Gründen versagt

    Egal ob von CSU, CDU, grünen oder linken Ministerpräsidenten oder von SPD und FDP mitregiert, die Mängel der Krisenpolitik sind keine Parteifrage. Dabei sei auch erwähnt: Ungeimpfte AfD-Abgeordnete veranstalten verbannt auf Zuschauertribünen in Parlamenten ein unwürdiges Schauspiel.

    Die Regierenden haben diesmal sogar auf die Wissenschaft gehört: Es waren die „Modellierer“, die statt einer höheren Sieben-Tages-Inzidenzgrenze der Politik zu einer Krankenhausampel rieten. Dieses geplante Frühwarnsystem hat aus vielen Gründen versagt. Und es war der Ethikrat, welcher der Politik bescheinigt hatte, es reiche aus, der Bevölkerung ein „Impfangebot“ zu machen.

    Der Riss zwischen Geimpften und Ungeimpften vertieft sich

    Es nützt nichts auf Politikerinnen und Politiker oder Ungeimpfte zu schimpfen. Das erneute Scheitern in der Corona-Krise ist ein Systemversagen und ebenso eine Krise der Gesellschaft: Der Riss zwischen Geimpften und Ungeimpften vertieft sich mit Schuldzuweisungen und Realitätsverweigerung. Nötige Vorbildfunktionen werden nicht mehr erfüllt. Nicht zuletzt die Corona-Maßnahmen haben auch den Idealismus der Prominenz aus Film, Kulturbetrieb und Sport dahinschmelzen lassen.

    In sozialen wie professionellen Medien wird die Polarisierung oft noch weiter angeheizt. Probleme, wie die überdurchschnittlich hohe Zahl Ungeimpfter in vielen Gruppen mit Migrationshintergrund, werden in diesem hysterischen Klima kaum noch offen diskutiert.

    Der Ausweg aus dem Systemversagen ist eine allgemeine Impfpflicht. Es war vermutlich naiv zu denken, ein Land, das alle paar hundert Meter und vor fast jeder Kurve ein Verkehrsschild aufstellen muss, damit sich seine Menschen nicht selbst oder gegenseitig totfahren, komme ohne vorgeschriebene Impfungen aus.

    Denkt man an Deutschland im Lockdown, kommt einem das Grauen

    Das frühe Versprechen der Politik gegen eine Impfpflicht wird durch die ansteckenderen Virusvarianten kaum noch einlösbar, wenn man nicht eine Endlosschleife aus harten Corona-Maßnahmen und quälender Debatten erleben will. Oder Medikamente noch ein Wunder vollbringen. Der Ausweg aus der Impfversprechensfalle ist eine offene Abstimmung im Bundestag ohne Fraktionszwang.

    Wird dann alles gut? Mitnichten. Die Pandemie-Krise hält der Bundesrepublik von heute brutal und ungeschminkt den Spiegel vor: Schwerfällig, entscheidungsunfähig, verantwortungsscheu, debattenverloren, polarisiert, zerstritten, klagewütig, digital von vorgestern und immer weniger konkurrenzfähig. Diese Schwächen überlagern die vielen Stärken des Landes und seiner Menschen und gefährden eine erfolgreiche Zukunft. Denkt man an Deutschland im Lockdown, kommt einem das Grauen.

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