Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Afghanistan: Jung trägt die Verantwortung

Kommentar

Afghanistan: Jung trägt die Verantwortung

    • |
    Streit um Kundus-Angriff - Guttenberg im Fokus
    Streit um Kundus-Angriff - Guttenberg im Fokus Foto: DPA

    Der Neue im Bendlerblock greift hart durch und setzt ein Ausrufezeichen. Karl-Theodor von und zu Guttenberg geht auf Distanz zu seinem Vorgänger Franz Josef Jung und räumt auf.

    Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert werden - der Form nach auf eigenen Wunsch - wegen der Informationspannen nach dem Luftangriff von Kundus unverzüglich in den Ruhestand versetzt. Mit den Altlasten Jungs will Guttenberg nichts mehr zu tun haben.

    Und doch sind die beiden die Falschen. Denn derjenige, der die politische Gesamtverantwortung für das Desaster trägt, der zum damaligen Zeitpunkt Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt war, Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung, heute Arbeits- und Sozialminister, spielt weiterhin die Unschuld vom Lande, der sich keiner Schuld bewusst ist und von Konsequenzen nichts hören will. Jung, der schon nach dem fatalen Luftangriff auf die beiden Tanklastzüge in Kundus nicht in der Lage war, die richtigen, angemessenen Worte mit Blick auf die zivilen Opfer zu finden, will auch jetzt die Brisanz seines Tuns beziehungsweise Nicht-Tuns nicht einsehen.

    Wenn die Vorwürfe stimmen, hat der Verteidigungsminister entweder den Bundestag und die Öffentlichkeit kurz vor der Bundestagswahl bewusst hintergangen, oder, nicht viel besser, er hatte sein Haus nicht im Griff, weil ihm wichtige Unterlagen vorenthalten wurden. Die Verantwortung trägt er in jedem Falle.

    Der politische Schaden ist immens. Innenpolitisch, weil der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr ohnehin umstritten ist und an Akzeptanz verliert, außenpolitisch, weil sich Bundeskanzlerin Angela Merkel damals vor dem Bundestag in einer diplomatisch höchst ungewöhnlichen Weise von den Nato-Verbündeten und Partnern Kritik am Luftschlag verbeten hat.

    Kundus stellt eine Zäsur dar. Nach dem schweren Luftangriff mit den toten Zivilisten ist der Einsatz der Bundeswehr nicht mehr der gleiche, der Versuch der Regierung, der alten wie der neuen, auf Zeit zu spielen, eine breite Debatte über den Sinn und die Notwendigkeit des Afghanistan-Einsatzes zu verhindern und das Mandat möglichst geräuschlos ein weiteres Jahr zu verlängern, ist endgültig gescheitert.

    Nun steht die neue Regierung in der Pflicht. Die Bevölkerung hat ein Recht darauf zu erfahren, welche Ziele Deutschland in Afghanistan verfolgt. Kann sie diese Antwort nicht liefern, gibt es keinen Grund mehr, die Mission zu verlängern. Das ist die Regierung nicht zuletzt auch ihren Soldaten schuldig, die fern der Heimat ihre Gesundheit, sogar ihr Leben riskieren.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden