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Kommentar: Ärger um Parteitag: Die CDU hat viel Porzellan zerschlagen

Kommentar

Ärger um Parteitag: Die CDU hat viel Porzellan zerschlagen

Margit Hufnagel
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    Die drei Kandidaten für den Bundesvorsitz der CDU: Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen.
    Die drei Kandidaten für den Bundesvorsitz der CDU: Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Am Ende besinnt sich die CDU doch noch auf ihren Markenkern: Der spalterische Streit wird in die Hinterzimmer verbannt, vor den Kameras präsentiert man sich als Einheit – die Angst vor dem kopfschüttelnden Wähler und in der Folge schwindenden Umfragewerten hat die Partei schon so manches Mal gezähmt. Im Januar soll der eigentlich für Anfang Dezember geplante Parteitag nun stattfinden, notfalls in einer Online-Variante. Diese Lösung hätte man auch früher haben können. Stattdessen wurde Porzellan zerschlagen, wo es nicht erforderlich gewesen wäre. Denn nicht mit Argumenten stritten die Akteure, sondern mit Eitelkeiten und Verschwörungstheorien.

    Friedrich Merz stellte im Kampf um den CDU-Vorsitz vor allem sich selbst in den Mittelpunkt

    Friedrich Merz' Dolchstoßlegende war ein Schauspiel, das nicht nur der CDU selbst, sondern wohl auch ihm geschadet hat. Jemand, der verbissen den letzten Karriereschritt an die Spitze der Macht nehmen will, wirkt gerade in Krisenzeiten wenig vertrauenserweckend. Merz stellte nicht das Gemeinwohl in den Mittelpunkt, sondern seine eigene Agenda, inszenierte sich als mutigen Außenseiter, der von dunklen Mächten ausgebremst wird. Dabei hätte er genug sachliche Gründe auf seiner Seite gehabt. Im Jahr 2020 muss eine Partei wie die CDU Wege finden, wichtige Entscheidungen auch unter widrigen Umständen treffen zu können. Dass im Januar ein Online-Parteitag möglich sein soll, im Dezember aber nicht, klingt wenig plausibel.

    Inzwischen aber ist wohl allen Beteiligten klar geworden, dass ein weiteres In-die-Länge-Ziehen der Vorsitzendenfrage die ohnehin längst eingetretenen Erschöpfungssyndrome nur noch verstärken würde. Seit Monaten liefern sich drei Kandidaten, die nur wenig Euphorie entfachen, ein Rennen nicht nur um die Parteispitze, sondern indirekt auch ums Kanzleramt. Doch ein vierter Heilsbringer wird kaum vom Polithimmel herabsteigen. Die CDU muss sich entscheiden, mit wem sie in die Zukunft gehen will – sie ist es ihren Wählern schuldig. Immerhin geht es nicht um weniger als eine Richtungsentscheidung. Auf der einen Seite der konservative Merz mit all seinen Vorstellungen, die an die alte CDU erinnern. Auf der anderen Seite der etwas onkelhafte Laschet, der den Weg für Schwarz-Grün öffnen könnte und damit ebenfalls einen Teil der Wählerschaft in Angst und Schrecken versetzt. Dazwischen der ohnehin chancenlose Röttgen.

    Es ist gut, dass sich die CDU um Januar für einen neuen Vorsitzenden entscheidet

    Aber auch mit Blick auf den Sieger dieses Prozesses ist es ein Gebot der Fairness, die Delegierten endlich abstimmen zu lassen: Es braucht genug Zeit, um sich im Wahljahr zu positionieren und zu präsentieren. Schon im März stehen Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg an. Die ohnehin gebeutelten Parteifreunde in Stuttgart dürften schon mit nervösem Herzrasen auf mehr oder weniger offene Profilierungskämpfe inmitten ihres Wahlkampfes geblickt haben. Deshalb ist es gut, dass zumindest im Januar eine Entscheidung getroffen wird. Diese Lösung hätte man auch einfacher haben können.

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