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Koalitionsverhandlungen: Lässt sich Merkel über den Tisch ziehen?

Koalitionsverhandlungen

Lässt sich Merkel über den Tisch ziehen?

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    Sie ist dabei, die beste Kanzlerin der SPD zu werden, spotten die Kritiker.
    Sie ist dabei, die beste Kanzlerin der SPD zu werden, spotten die Kritiker. Foto: Julien Warnand, dpa

    In ein paar Tagen bekommen alle 470 000 SPD-Mitglieder ein dickes Paket von Sigmar Gabriel. Darin liegen der komplette Koalitionsvertrag sowie ein Stimmzettel. Und dann liegt es in der Hand eines jeden Parteimitglieds, ob die SPD dem Vertrag zustimmt und eine Große Koalition bildet, oder ob sie ihn ablehnt.

    Die 480 000 Mitglieder der CDU warten vergeblich auf Post von Angela Merkel. Die Entscheidung über eine Koalition treffen nicht sie, sondern die 200 Delegierten des Bundesausschusses. Der Termin am 9. Dezember wird ein Heimspiel für die

     Widerspruch gegen das Prozedere

    In der CDU regt sich Widerspruch gegen dieses Prozedere. Mehrere Landesverbände planen eigene Veranstaltungen, in denen sie den Koalitionsvertrag vorstellen und der Basis die Gelegenheit geben, sich zu äußern. Die beiden einflussreichen Landeschefs Armin Laschet und Thomas Strobl, die auch stellvertretende Parteichefs sind, haben erkannt, dass die Zeiten vorbei sind, in denen die Parteiführung machen kann, was sie will.

    CDU befindet sich vermeintlich in der Defensive

    Dass Angela Merkel den bequemen wie risikolosen Weg über den handzahmen Bundesausschuss geht, kommt nicht von ungefähr. Denn bislang haben die CSU und die SPD die Koalitionsverhandlungen scheinbar bestimmt und den Gesprächen den Stempel aufgedrückt, während sich die CDU trotz ihres Wahlsieges vermeintlich in der Defensive befindet.

    Gabriel konnte den Preis hochtreiben

    Es rächte sich, dass die CDU einen Wahlkampf ohne Inhalte und ohne Agenda führte und als einziges Ziel den Machterhalt von Angela Merkel ausgab. Das war am Abend des 22. September erreicht. Auch die frühe Festlegung auf die Große Koalition erleichterte die Verhandlungsführung nicht, der Taktiker Sigmar Gabriel konnte von Anfang an den Preis hochtreiben, nachdem die Union ihren natürlichen Koalitionspartner FDP verloren hatte. Für weiteren Druck sorgte seine Warnung vor dem Mitgliedervotum. So bestimmte der eigentliche Wahlverlierer den Gang der Verhandlungen.

    Merkel ließ ihn gewähren und gab sich damit zufrieden, gleich zu Beginn zwei Kernanliegen der Union durchgesetzt zu haben: keine Steuererhöhungen und keine neue Schulden.

    Das Schlimmste verhindern

    Fortan waren sie und ihre Unterhändler damit beschäftigt, der SPD nachzugeben oder deren Forderungen abzuschwächen oder abzuwehren. Schon wird in der CDU lautstark diskutiert, wo denn überhaupt die christdemokratische Handschrift im Koalitionsvertrag zu erkennen ist. Und die Antwort der Parteiführung fällt eher bescheiden aus. Generalsekretär Hermann Gröhe gibt sich damit zufrieden, das Schlimmste verhindert zu haben: keine Eurobonds, kein Altschuldentilgungsfonds, keine Bürgerversicherung, keine volle Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare, keine Volksabstimmungen sowie Abschwächungen beim Mindestlohn. Für eine Partei, die fast die absolute Mehrheit der Mandate erreicht hätte, ist dies allerdings eine eher dürftige Bilanz.

    Sie wird die beste Kanzlerin der SPD

    So wirken Angela Merkel und ihre CDU nach acht Jahren an der Macht manchmal seltsam ermattet. Der Markenkern der Union ist schwer erkennbar und schmilzt in den Koalitionsverhandlungen weiter dahin. Die Partei habe kein eigenes Thema, mit dem sie punkten könnte, warnen Kritiker.

    Angela Merkel ist dabei, die beste Kanzlerin der SPD zu werden, deutlich sozialdemokratischer als Helmut Schmidt und Gerhard Schröder. Hauptsache, sie regiert.

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