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Koalition uneinig: Vorratsdatenspeicherung: Berlin lässt Ultimatum verstreichen

Koalition uneinig

Vorratsdatenspeicherung: Berlin lässt Ultimatum verstreichen

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    Brüssel hatte Deutschland eine Frist zur Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung gesetzt. Foto: Armin Weigel/Illustrationsbild dpa
    Brüssel hatte Deutschland eine Frist zur Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung gesetzt. Foto: Armin Weigel/Illustrationsbild dpa

    Die EU-Kommission könnte die deutsche Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen - in letzter Konsequenz drohen Deutschland Geldstrafen in Millionenhöhe. Grund: Die schwarz-gelbe Koalition kann sich nicht auf ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung einigen und lässt ein letztes Brüsseler Ultimatum an diesem Donnerstag verstreichen.Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gab sich dennoch gelassen: Solche Verfahren "gehören zur Realität, insofern ist jede Dramatik fehl am Platz", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch). Derzeit sind insgesamt 74 Vertragsverletzungsverfahren aus Brüssel gegen die Bundesrepublik anhängig.

    Union und FDP streiten über Vorratsdatenspeicherung

    Am Mittwoch brachte die Regierung eine gemeinsame Stellungnahme für die EU-Kommission auf den Weg. Nach den Worten des Sprechers von Leutheusser-Schnarrenberger, Anders Mertzlufft, wird darin erklärt, dass die Bundesregierung sich derzeit in der Ressortabstimmung für einen neuen Gesetzentwurf befinde. Auf dem Tisch liegen der Gesetzentwurf der Justizministerin sowie die Änderungswünsche des Innenministers. Das Bundesverfassungsgericht hatte die alte deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung im März 2010 verworfen. Seitdem streiten Union und FDP über eine Neuregelung.

    Leutheusser-Schnarrenberger will nur bei konkreten Fällen speichern lassen

    Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger will Internet- und Telefonverbindungsdaten nur bei konkreten Anlässen speichern lassen und den Ermittlern bei Bedarf zur Kriminalitätsbekämpfung zur Verfügung stellen. Bei IP-Adressen von Computern sieht sie eine Speicherung von sieben Tagen vor. Dies geht der Union mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nicht weit genug: Friedrich betonte wiederholt, er wolle die EU-Richtlinie umsetzen, die eine sechsmonatige Speicherung von Telekommunikationsdaten zur Kriminalitätsbekämpfung vorsieht.

    Justizministerin hofft auf Verständnis aus Brüssel

    Leutheusser-Schnarrenberger hofft auf Verständnis von Seiten der EU-Kommission: Diese müsse politisch entscheiden, ob sie Deutschland wirklich verklagen wolle und ob sie Strafzahlungen für angemessen halte. "Die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ist eine der umstrittensten Richtlinien überhaupt. Sie ist seit fünf Jahren in Kraft und bisher von mehreren Staaten nicht umgesetzt worden. Deutschland steht mit seiner Position nicht allein", sagte sie der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag). Die FDP sei "die Stimme für den Schutz der Grundrechte in dieser Koalition".

    Streit um die Vorratsdatenspeicherung

    Führende Industrieverbände haben sich im Streit um die Vorratsdatenspeicherung an die Seite des Bundesjustizministeriums gestellt. In einem Schreiben  an EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, das AFP am Mittwoch  vorlag, forderten die Verbände die EU-Kommission auf, zunächst die  geplante Überarbeitung der EU-Richtlinie zur  Vorratsdatenspeicherung abzuschließen. Erst dann könne von  Deutschland die Umsetzung verlangt werden, heißt es in dem  Schreiben des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), des  Industrie- und Handelskammertags (DIHK) und mehrerer  Telekommunikationsverbände.

    Die deutsche Neuregelung müsse auf einer gesicherten  gesetzlichen Grundlage beruhen, "um neue Rechtsunsicherheit sowie  zusätzliche Kosten für die Unternehmen zu vermeiden", heißt es in  dem Brief. Eine "nationale Zwischenlösung" auf Grundlage der  bislang noch unreformierenden EU-Richtlinie müsse deshalb  "unbedingt vermieden werden". Die Unterzeichner erinnerten daran,  dass die Umsetzung der bisherigen Richtlinie bei den  Telekommunikationsanbietern zu Ausgaben in mehrstelliger  Millionenhöhe geführt habe. dpa/afp/AZ

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