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Koalition: Der Herbst der großen Baustellen

Koalition

Der Herbst der großen Baustellen

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    Bei ihrem Gipfel Ende der Woche wartet auf Union und FDP jede Menge Arbeit. Heftige Diskussionen wird es wohl bei den Themen, Betreuungsgeld, Pflege, Steuern und Pkw-Maut geben.
    Bei ihrem Gipfel Ende der Woche wartet auf Union und FDP jede Menge Arbeit. Heftige Diskussionen wird es wohl bei den Themen, Betreuungsgeld, Pflege, Steuern und Pkw-Maut geben. Foto: dpa

    Seit Monaten haben die Kanzlerin, der Vizekanzler und der Finanzminister nur ein Thema: den Kampf gegen die internationale Schuldenkrise und den griechischen Staatsbankrott. Beim Koalitionsgipfel am Freitag steht nun allerdings eine lange Liste von innenpolitischen Themen auf der Agenda, mit denen Union und FDP entweder in Verzug sind oder bei denen sie sich noch nicht einigen konnten. Ob der Regierung der Befreiungsschlag gelingt, den sich vor allem die leidgeprüften Liberalen erwarten, ist allerdings fraglich. Zu viele Konflikte schwelen noch zwischen den Koalitionären. Vor allem die CSU lässt dabei kräftig die Muskeln spielen.

    Konflikt 1: Das Betreuungsgeld

    Horst Seehofer gibt nicht nach. Das Betreuungsgeld  für Eltern, die ihre Kinder in den ersten drei Jahren zu Hause erziehen, anstatt sie schon früh in die Krippe zu schicken, „steht in der Koalitionsvereinbarung“. Nun pocht der CSU-Chef darauf, dass es 2013 auch eingeführt wird – und hat dabei vor allem die konservative Stammkundschaft und ihr traditionelles Familienbild im Auge. Bisher sind 150 Euro pro Kind und Monat im Gespräch. In der CDU hält sich die Begeisterung auch wegen der zusätzlichen Kosten von bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr in Grenzen, die FDP ist sogar strikt gegen die sogenannte Herdprämie.

    Gemeinsames Spielen und Lernen fördere schon die Kleinsten, sagt ihre Familienexpertin, die Augsburger Abgeordnete Miriam Gruß. „Außerdem entspricht das klassische Modell der Versorgerehe immer weniger unserer Lebenswirklichkeit.“ Bereits jetzt werde die Versorgerehe mit Milliarden gefördert, zum Beispiel über das Ehegattensplitting und die kostenlose Mitversicherung von Ehegatten und Kindern in den gesetzlichen Krankenkassen.

    Konflikt 2: Die Pflege

    Als Philipp Rösler noch Gesundheitsminister war, hat er 2011 zum „Jahr der Pflege“ ausgerufen. Seinem Nachfolger Daniel Bahr allerdings ist es bislang nicht gelungen, die widerstreitenden Interessen in der Koalition zu bündeln. Er selbst plädiert angesichts der demografischen Entwicklung, der steigenden Zahl von Pflegebedürftigen und der versprochenen Hilfen für Demenzkranke  für eine Art Pflege-Riester, mit dem die Beschäftigten künftig auch privat vorsorgen sollen.

    Was die Union will, ist noch nicht ganz klar: Seehofer schlägt vor, dass für die Versorgung schwerer Pflegefälle und Demenzkranker künftig nicht mehr die Pflegeversicherung zuständig sein soll, sondern die Krankenkasse. Der CDU-Experte Jens Spahn plädiert für eine leichte Erhöhung der gegenwärtigen Beitragssätze in der Pflegeversicherung.

    Konflikt 3: Die Steuern

    Selbst die FDP rudert inzwischen zurück. „Ich warne vor zu hohen Erwartungen“, sagt Generalsekretär Christian Lindner. Mit der Schuldenkrise hätten sich die Prioritäten in der Politik verschoben. Vertrackt allerdings ist die Lage nach wie vor: Die Koalition hat versprochen, die kleinen und mittleren Einkommen zu entlasten – die beste Lösung, das Entschärfen der Steuerprogression, dürfte jedoch am Widerstand von SPD und Grünen im Bundesrat scheitern.

    Als Alternative ist der Solidaritätszuschlag im Gespräch, den die Regierung auch ohne den Segen der Länderkammer senken kann. Davon aber würden Gut- und Besserverdiener überdurchschnittlich profitieren, weil sie auch mehr Steuern bezahlen. Ein Ausweg wäre ein abgestufter „Soli“, der speziell die Geringverdiener schont – das bedeutet aber auch mehr Bürokratie.

    Konflikt 4: Die Pkw-Maut

    Die Gefechtslage erinnert an jene beim Betreuungsgeld: Die Kanzlerin will die Maut nicht, die FDP auch nicht – doch die CSU lässt nicht locker. Bei ihrem Parteitag hat sie mit großer Mehrheit beschlossen, eine Vignette nach österreichischem Vorbild einzuführen. Wie sie Autofahrer an anderer Stelle entlasten will, etwa bei der Kfz-Steuer, ist noch unklar. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle beruft sich wie Seehofer beim Betreuungsgeld auf den Koalitionsvertrag: Dort sei die Pkw-Maut  aus guten Gründen nicht vorgesehen.

    Vorstellen können sich die Liberalen allenfalls eine Ausweitung der Lkw-Maut: Sie wird bisher nur bei Fahrzeugen über zwölf Tonnen fällig. Brüderles Stellvertreter Patrick Döring schlägt nun vor, die Maut schon bei allen Lkw zu erheben, die mehr als 3,5 Tonnen wiegen. Damit bliebe der Lieferwagen des Handwerkers noch außen vor, für größere Umzugslaster dagegen würden bereits Gebühren fällig.

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