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Klimaschutz: Wie Armin Laschet mit seinem Politikstil an Grenzen stößt

Klimaschutz

Wie Armin Laschet mit seinem Politikstil an Grenzen stößt

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    Den Schalter einfach mal rasch umlegen – das ist nicht Armin Laschets Sache, wenn es um seinen politischen Kurs geht. In der Klimapolitik gerät er daher zunehmend unter Druck.
    Den Schalter einfach mal rasch umlegen – das ist nicht Armin Laschets Sache, wenn es um seinen politischen Kurs geht. In der Klimapolitik gerät er daher zunehmend unter Druck. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Wer verstehen will, warum Armin Laschet beim Klimaschutz so wenig ambitioniert erscheint, muss auf seine CDU schauen und auf die politische Kultur in seinem Bundesland Nordrhein-Westfalen. Diese hat der Unions-Kanzlerkandidat tief verinnerlicht. Am treffendsten zusammengefasst hat sie der verstorbene Landesvater Johannes Rau von der SPD: „Versöhnen statt spalten“ – so lautete dessen Motto. Es ist auch Laschets Credo.

    Große Aufgaben werden im Konsens von Beschäftigten, Staat und Unternehmen bewältigt. Dem Staat kommt die Aufgabe zu, wirtschaftliche Härten durch viel Steuergeld abzufedern. Darüber hinaus werden schmerzhafte Veränderungen möglichst lange in der Zeit gestreckt. NRW hat sich über Jahrzehnte vom Steinkohlebergbau verabschiedet und die Förderung des Grubengoldes mit enormen Summen subventioniert („Kohlepfennig“). Für Kumpel, die nicht mehr gebraucht wurden, hat der Staat die Umschulung oder Frührente bezahlt.

    Laschet will wegen der Flut nicht gleich alles über den Haufen werfen

    Dieser Ansatz kommt jetzt auch beim Ausstieg aus dem Abbau und der Verfeuerung von Braunkohle zum Tragen. Bei der Erzeugung von Strom mit dem fossilen Rohstoff wird sehr viel Kohlendioxid freigesetzt, was die Erderwärmung beschleunigt. Die Gruben und Kraftwerke im Rheinischen Revier werden dennoch nicht so schnell geschlossen, wie es nach Einschätzung von Umweltschützern und Klimaexperten nötig wäre, um Deutschlands neue, ehrgeizige Klimaziele zu erfüllen. „Weil jetzt so ein Tag ist, ändert man nicht die Politik“, sagte Laschet denn auch, sich treu bleibend, in einem Interview, das ihm prompt heftige Kritik einbrachte.

    Mit „so einem Tag“ meinte er die Sintflut, die den Westen Deutschlands heimgesucht hat. Die Politik rasch zu ändern, hieße aber, das NRW-Modell aufzugeben, das den Strukturwandel in die Länge zieht, um ihn verträglich zu machen. Doch die rapide Senkung des Ausstoßes von CO2 darf offenkundig nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden. Laschet fehlt die Zeit, die andere Mächtige an Rhein und Ruhr früher hatten.

    Zur fairen Beurteilung gehört dazu, dass Laschet beim Abschied von der Braunkohle durchaus versucht hat, Tempo zu machen. In NRW werden früher Kraftwerke und Tagebaue stillgelegt, damit die Reviere im Osten mehr Zeit zur Anpassung haben. Das Bundesland steigt zehn Jahre früher aus der Braunkohle aus, als es vor seiner Zeit die rot-grüne Landesregierung beschlossen hatte. Die letzten Braunkohlekraftwerke sollen 2038 vom Netz gehen.

    Braunkohle-Umstieg: In Laschets Heimat NRW fehlen die Windräder

    Ein schnelleres Abdrehen der Turbinen könnte daran scheitern, dass nicht genügend Ersatzstrom bereitgestellt werden kann: Die Industrie im Ruhrpott und am Rhein braucht Unmengen an Energie. Das Rheinische Revier hat die Versorgung mit billigem Braunkohlestrom sichergestellt. Um deren Abschaltung ausgleichen zu können, hätten in NRW viel mehr Windräder aufgestellt werden müssen. Genau das ist aber nicht geschehen.

    Ein Bagger gräbt am Tagebau Garzweiler, im Hintergrund das Braunkohlekraftwerk Niederaußem. Das Rheinischer Revier versorgt die Industrie in NRW mit Strom.
    Ein Bagger gräbt am Tagebau Garzweiler, im Hintergrund das Braunkohlekraftwerk Niederaußem. Das Rheinischer Revier versorgt die Industrie in NRW mit Strom. Foto: Oliver Berg, dpa (Symbolbild)

    Jetzt könnte es sogar noch schwieriger werden: Das neue Klimaschutzgesetz erlaubt Gemeinden, einen Mindestabstand zwischen Windrädern und Wohnhäusern von 1000 Metern einzufordern. Das gilt nicht nur für neue Anlagen, sondern auch für die Aufrüstung bestehender Anlagen. Wegen der hohen Abstände scheiden viele geeignete Flächen für Windparks aus. Der Grund für die strengen Abstandsregeln, die in ähnlicher Form zum Beispiel auch Bayern kennt, ist die Furcht von CDU-Bundestags- und Landtagsabgeordneten vor gut organisierten Windkraftgegnern. Der weite Abstand zu Häusern soll Akzeptanz bringen, verringert aber die Zahl windreicher Standorte.

    Hinzu kommt, dass mehr Windparks auch mehr Stromleitungen erfordern, was bei betroffenen Bürgern nicht für Glücksgefühle sorgt. Für Armin Laschet als Meister des Konsenses ist das ein Dilemma. Die Notwendigkeit, binnen weniger Jahre den CO2-Ausstoß drastisch zu senken und die erneuerbaren Energien rapide auszubauen, stellt nichts weniger als seinen Politikansatz infrage.

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