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Klimapolitik: Kritik an der EU: Atomstrom kommt durch die Hintertür

Klimapolitik

Kritik an der EU: Atomstrom kommt durch die Hintertür

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    Steht Deutschland beim Umstieg auf eine Energieversorgung ohne Atomkraft plötzlich alleine da?
    Steht Deutschland beim Umstieg auf eine Energieversorgung ohne Atomkraft plötzlich alleine da? Foto: Patrick Pleul, dpa

    Die EU entdeckt den Klimaschutz wieder und verprellt doch ihre Kritiker. Nach monatelangem Streit hat die Brüsseler Kommission am Mittwoch klargemacht, wo sie ökologisch im Jahre 2030 stehen will: Zum Schutz der Atmosphäre sollen die CO2-Emissionen dann um 40 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 gesunken sein. 27 Prozent der Energie (Strom und Wärme) müssen dann aus regenerativen Quellen wie Wind, Wasser, Sonne oder Biogas stammen.

    „Der Vorschlag hätte von der Atomlobby kommen können“, empörte sich der SPD-Abgeordnete im Europäischen Parlament, Jo Leinen. Umweltschutzorganisationen reagierten fast schon entsetzt: „40 Prozent bedeuten zehn Jahre Stillstand“, kritisierte beispielsweise der Deutsche Naturschutzring. Der CDU-Abgeordnete Herbert Reul meinte dagegen: „Es ist vernünftig, die bisherige Klimapolitik nicht einfach fortzuschreiben.“

    Künftig sollen die Mitgliedsstaaten mehr Spielraum haben

    Künftig soll neben einem generellen Ziel den Mitgliedstaaten mehr Spielraum gelassen werden. Der Bundesregierung gefällt das jedoch ganz und gar nicht. Sie hatte gehofft, dass die deutsche Energiewende auf Brüsseler Unterstützung zählen kann.

    Der Verzicht auf konkrete Vorgaben bringt Berlin in Schwierigkeiten. Zum einen steht man mit dem Umstieg auf eine Energieversorgung ohne Atomkraft plötzlich im europäischen Wettbewerb alleine da. Zum anderen fürchtet man den Zwang, sich für den europäischen Energiebinnenmarkt öffnen zu müssen. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) warnte gestern denn auch vor einer „Renaissance der Atomenergie durch die Hintertür“. Während der Spitzenzeiten könne eben doch wieder Atomstrom aus der Nachbarschaft in die bundesdeutschen Steckdosen fließen.

    Einige Länder wollen keine nationalen Ziele für erneuerbare Energien

    Das ist die Ökostrom-Umlage

    Die EEG-Umlage sorgt immer im Oktober für Debatten, wenn die Höhe für das nächste Jahr festgelegt wird.

    Im Erneuerbare-Energien-Gesetz werden für jede Kilowattstunde Strom aus Solar-, Wind- und Biomasseanlagen auf 20 Jahre garantierte Vergütungen festgelegt. Die Höhe ist abhängig vom Anschlussdatum.

    Die Differenz zwischen dem am Markt für den Strom erzielten Preis und der festen Vergütung bildet die EEG-(Ökostrom)-Umlage.

    Zuständig für die Berechnung der Umlage sind die vier Betreiber der Stromautobahnen in Deutschland - sie kümmern sich um Verkauf und Vergütung des Stroms.

    Die Umlage wird auf Firmen und Privathaushalte umgelegt.

    Weil sich aber immer mehr Industrieunternehmen von der Umlage befreien lassen, steigen die Kosten für die Bürger.

    Wurden 2009 erst 5,27 Milliarden Euro über die Umlage auf die Strompreise aufgeschlagen, sind es nun 20,3 Milliarden Euro im Jahr.

    Davon tragen laut Branchenverband BDEW die Haushalte 7,2 Milliarden, die Industrie 6,1 Milliarden Euro.

    Viel Spielraum für Nachbesserungen hat die Bundeskanzlerin allerdings nicht, wenn sie die Kommissionsvorlage beim nächsten EU-Gipfel im März mit ihren Kolleginnen und Kollegen absegnen soll. Großbritannien, Frankreich, Polen und andere Länder wollen keine nationalen Ziele für erneuerbare Energien. Sie setzen auf Kohle, die man mit Hilfe von CCS (also der Abscheidung von CO2) als schadstofffrei lobt. Oder eben den Ausbau der Kernkraft. Rebecca Harms, Fraktionschefin der Grünen im Europäischen Parlament, sprach denn auch gestern bereits von einer „Konterrevolution für Atom, Kohle und Schiefergas“.

    Merkel unterstützt Gabriels Konzept

    Das Bundeskabinett hat derweil auf seiner Klausurtagung in Meseberg die Eckpunkte von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gebilligt. Zuvor hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hinter die Vorschläge ihres Vizekanzlers gestellt. Die Energiewende sei „ein Projekt der gesamten Regierung“, hob sie mit Blick auf das Konzept Gabriels hervor. (mit dpa, afp)

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