Angesichts des schleppend anlaufenden Bundesprogramms für Not leidende kleine Unternehmen in der Corona-Krise fordert Bayern von der Bundesregierung Nachbesserungen bei der Überbrückungshilfe. „Es ist nötig, die bisherigen strengen Regelungen im Sinne der Unternehmen zu lockern, damit mehr Betriebe in den Genuss von staatlicher Hilfe kommen als derzeit“, sagte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger unserer Redaktion.
„Die Zugangsvoraussetzung mit einem Umsatzeinbruch von 60 Prozent oder mehr in den Monaten April und Mai im Vergleich zum Vorjahr ist zu streng und unflexibel, hier muss der Bund nachbessern“, kritisierte der Freie-Wähler-Chef mit Blick auf die unerwartet geringe Zahl an Zuschussanträgen.
Branchen wie Messebau, Schausteller oder Reisebüros in Gefahr
„Auch die Erstattungen für die Fixkosten von 40, 50 oder 80 Prozent je nach monatlichem Umsatzeinbruch sollten nach oben hin angepasst werden, da einige Branchen wie Messebauer, Schausteller oder Reisebüros sonst in die Insolvenz marschieren“, warnte der stellvertretende bayerische Ministerpräsident. „Das wollen wir vermeiden.“ In Bayern wurden bislang 84 Prozent der 8327 Anträge auf Überbrückungshilfe bewilligt, bundesweit wurde dem Bericht zufolge nur knapp die Hälfte der 47.785 Anträge bislang ausbezahlt.
Auch Familienunternehmer kritisieren Hilfsprogramm
Auch die deutschen Familienunternehmen fordern von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Nachbesserungen bei den Corona-Überbrückungshilfen. „Bei den Kriterien muss nachgebessert werden, damit das Programm auch brauchbar adressiert ist“, sagte der Chef des Verbandes der Familienunternehmen, Reinhold von Eben-Worlée, unserer Redaktion. Grundsätzlich seien die Überbrückungsgelder aber ein wichtiger Schritt. Konkret verlangt der Verband, dass die Unterstützung nicht nur an schweren Umsatzeinbußen im April und Mai festgemacht werden soll, sondern dieser Zeitraum verlängert wird. „Gerade in Leitbranchen wie dem Maschinenbau und der KfZ-Zulieferung konnten im Frühjahr zunächst noch Altaufträge abgearbeitet werden“, meinte von Eben-Worlée.
Bundeswirtschaftsministerium weist Kritik zurück
Das Bundeswirtschaftsministerium hat indes die Kritik zurückgewiesen, dass bisher kaum Gelder aus dem Programm bei Unternehmen angekommen sind. Man sehe, dass diese Hilfe „sehr viel zielgenauer in Anspruch genommen wurden als das Vorgängerinstrument der Soforthilfe“, sagte eine Sprecherin von Minister Altmaier.
Aus Sicht des Ministeriums sei das ein „wichtiger Erfolg, ein wichtiger Schritt. Denn wir wollen ja nicht, dass jeder in der Wirtschaft einen Antrag stellt, egal wo, sondern es sollen die Anträge gestellt werden, die auch tatsächlich gebraucht werden.“ Sie reagierte damit auf einen Bericht dieser Zeitung, wonach aus dem Rettungsprogramm für kleinere und mittlere Betriebe bislang nur ein Prozent der insgesamt eingeplanten 24,6 Milliarden Euro ausgezahlt wurde.
Gastronomie und Reisebranche erhält Gelder
Die Zahl der Anträge steigt dem Ministerium zufolge stetig an. Mit Stand Montag seien 47.800 Anträge mit einem Fördervolumen von 819 Millionen Euro eingegangen. Der bisherige Verlauf habe gezeigt, dass die Hilfe dort ankomme, wo sie gebraucht werde: „Nämlich beim Mittelstand und bei den besonders betroffenen Branchen.“ Rund 94 Prozent der Anträge würden von Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten gestellt. Das meiste Geld geht demnach in die Gastronomie, in die Reisewirtschaft sowie in den Kultur- und Veranstaltungsbereich.
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