Die CSU will Europa stärken und widerstandsfähiger gegen die Herausforderungen einer unübersichtlichen, globalisierten Welt machen. Deutschland soll dabei mehr Verantwortung als bisher übernehmen – vor allem im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Das geht aus dem Beschlusspapier „Europa“ für die Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im Bundestag hervor, das unserer Redaktion exklusiv vorliegt.
CSU-Klausurtagung findet dieses Jahr in Berlin statt
Bilder aus dem winterlichen Idyll des Klosters Seeon am Chiemsee wird es in diesem Jahr nicht geben – das Treffen der Abgeordneten findet unter starken Corona-Schutzmaßnahmen am 6. und 7. Januar in Berlin statt. Dabei will die CSU die Eckpunkte ihrer künftigen Europapolitik festlegen. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte unserer Redaktion: „Europa braucht eine Souveränitäts-Offensive, um ein aktiver Spieler auf der Weltbühne zu sein. Deutschland muss dabei eine Führungsrolle einnehmen und eine klare Souveränitäts-Agenda für Europa formulieren und vorantreiben.“
Kernaussage des Papiers: Hätten die Herausforderungen in der Europäischen Union bislang vor allem im Inneren des Kontinents gelegen, müsse sich die Staatengemeinschaft künftig stärker auf die Herausforderungen von außerhalb Europas konzentrieren. Für die EU stelle sich die Frage: „Wie stellt sich Europa auf der Weltbühne auf?“
Die CSU drängt auf eine starke Rolle Europas mit Deutschland an der Spitze. Dies bedeute keineswegs eine Abkehr von der Nato und der Partnerschaft mit den USA. Im Gegenteil gelte es, die transatlantische Partnerschaft zu erneuern. Die Wahlentscheidung der Amerikaner sei eine „enorme Chance für die Partnerschaft zwischen Deutschland, Europa und den USA“. Der amerikanische Schutzschirm aber sei „keine sicherheitspolitische Hängematte“.
Alexander Dobrindt: Europa und USA auf Augenhöhe
Europas und Deutschlands Anspruch müsse es sein, „als gleichberechtigter Partner auf Augenhöhe gemeinsam mit den USA für Freiheit, Frieden und Demokratie in der Welt einzustehen“. Dies schließe auch verstärkte Rüstungsanstrengungen im Rahmen des Zwei-Prozent-Ziels der Nato ein. Unter anderem soll bei der Bundeswehr als neue Truppengattung die „Drohnen- und Flugabwehr“ etabliert werden. Auch für die innere Sicherheit und den Schutz von kritischer Infrastruktur sei die Abwehr von Bedrohungen aus der Luft unerlässlich. Deshalb müsse auch die Polizei Instrumente dafür bekommen. Die CSU will zudem ein Europäisches Hauptquartier für EU-Missionen einrichten.
Ausführlich geht das Papier auch auf die Herausforderungen durch China ein. Die CSU fordert eine europäische China-Strategie und die Ernennung eines China-Beauftragten der Bundesregierung, der dem Wirtschaftsministerium zugeordnet sein soll. Denn China habe sich „von der Werkbank des Westens zum Strippenzieher aus dem Osten gewandelt“ – mit einer Außenwirtschaftspolitik, die auf Expansion setze und andere Länder in Abhängigkeiten führe.
In der Beschlussvorlage steht: „Hier müssen wir ein starkes Gegenangebot formulieren. Auch Europa braucht eine Investitionsstrategie, die Partnerländer dabei unterstützt, ihre Rohstoffe zu erschließen, ihre Infrastrukturen auszubauen und damit Entwicklung zu ermöglichen.“
Die CSU-Strategie setzt außerdem auf eine rasche Integration der Westbalkan-Staaten in die EU. Diese sollten aktiv auf ihrem Weg zum Beitritt unterstützt werden. Grundlage für die Sicherheit in Europa sei ein wirksamer Schutz der Außengrenzen. Und die Freizügigkeit für Bürger dürfe nicht zum „Freifahrtschein für Gefährder und Terroristen werden“. Deshalb gelte es, das Schengen-System zu erneuern.
Während die CSU in Außen- und Verteidigungspolitik mehr europäische Zusammenarbeit fordert, setzt sie in anderen Bereichen weiter auf Eigenverantwortung. In dem Papier heißt es: „Eingriffe in nationale Tarifhoheiten und nationale Arbeitsmarktpolitiken, EU-Steuern, einen europäischen Finanzausgleich oder eine europäische Sozialversicherung lehnen wir klar ab.“
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