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Kirche: Blogger im Vatikan: Input von unten

Kirche

Blogger im Vatikan: Input von unten

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    Website des Vatikan
    Website des Vatikan Foto: DPA

    Es ist sehr viel Marmor im Palazzo Pio X, auch im Kongresssaal. Hohe Säulen gliedern den weiten Raum. Die Stühle und Tische sind mit einem dunklen roten Stoff umkleidet. Der Saal ist voll besetzt. Auch das holzgetäfelte Podium vorne. Schweres Holz, rotes dickes Tischtuch.

    Weniger greifbar ist das, was von diesen mit modernstem elektronischen Schnickschnack bestückten Tischen durch die breiten Mauern über den Vatikan hinaus in alle Welt gesendet wird. 150 Schreiber sind gekommen. Sie verfassen digitale Tagebücher, wenn man Blogs so nennen möchte. Es hätten auch Hunderte mehr sein können, die an dieser Premiere teilgenommen hätten. Am Ende musste das Los entscheiden.

    Es fiel auch auf Roderick Vonhogen. Der bloggende Priester aus Holland hat während der Seligsprechung vom Petersplatz aus direkt Fragen zur Kirche beantwortet. Eine war: „Muss man eigentlich tot sein, um seliggesprochen zu werden?“ Auch sonst ist Vonhogen im Auftrag des Herrn ziemlich häufig im Netz, sehr zum Leidwesen des einen oder anderen Kollegen. Vonhogen wird später immer im Viereck schleichen und mit seinem Handy alles mitfilmen. Aber vorher sagt er ein paar Sätze, die ein bisschen Stimmung machen: „Ich habe von anderen Priestern viel Kritik bekommen. Ich sollte doch weniger im Netz unterwegs sein, sondern lieber in der Kirche predigen. Aber wenn ich predige, bin ich nicht immer sicher, ob sie mir zuhören. Denn manche haben die Augen geschlossen und dösen.“ Wie viele junge Gläubige erreicht man heute an einem normalen Sonntag in der Kirche? Und wie viele im Netz?

    Die Antwort kennt man im Vatikan längst, denn sonst gäbe es diese Konferenz kaum. Auch wenn man sich Zeit gelassen hat. Es ist ja nicht so, dass Blogs der letzte Schrei wären. Aber nach über einem Jahrzehnt wollte man jetzt „Input aus der Bloggerszene“, wie Radio Vatikan vermeldet. Es geht darum, einen Kontakt herzustellen zu einer Sphäre von Gläubigen, die schwierig zu greifen ist. Man möchte die ansprechen, die an einem respektvollen Gespräch zwischen digitaler Kultur und der Kirche interessiert sind. Also nicht nur Katholiken. Das sagte der Präsident des Päpstlichen Rates für soziale Kommunikationsmittel, Erzbischof Claudio Maria Celli, ziemlich am Anfang. Man möchte zuhören, verstehen, in einen Dialog treten, wie es heißt.

    Dabei ist es nicht so, dass die katholische Kirche Neue Medien nicht nutzen würde. Ganz im Gegenteil. Zur Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. wurde die Online-Präsenz ausgebaut. Es gab eine eigene Facebook-Seite, ein Twitter- Konto, Video-Clips einen eigenen Youtube-Kanal, die ganze Palette. Und auch der Papst, wie Vatikansprecher Pater Federico Lombardi versichert, sei allen neuen Kommunikationswegen offen. Der Papst versucht die Menschen zu erreichen, wo auch immer sie sind. So wollte zum Beispiel Benedikt XVI. in dieser Woche mit Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS sprechen. Einen Benedikt-Blog gibt es allerdings noch nicht. Auch wenn im Vatikan an einem neuen einheitlichen Online-Auftritt gearbeitet wird. Er soll alle Kommunikationskanäle bündeln und leichter zugänglich machen.

    Aber das ist die andere Seite. Denn es macht einen Unterschied, ob der Vatikan über die verschiedenen Kanäle (Glaubens-)Inhalte verbreitet, die er kontrollieren kann. Oder ob von religiösen Menschen in Blogs über die Kirche geschrieben wird. Die Szene ist jedenfalls sehr lebendig. Es wird viel geschrieben, also Meinung gemacht.

    Ob die Blogs nun americanpapist heißen oder aber Orwell’s Picnic. An diesem Tag sogar so viel, dass zwischendrin die Internetverbindung etwas überlastet ist.

    Zu viel soziale Kommunikation schwirrt zwischen den Säulen hin und her und in den Äther. Das Netz lässt sich nun mal schwer regulieren. Hilary White, die Autorin von Orwell’s Picnic: „Manche Blogger sind etwas ängstlich. Wir wollen keine Regeln. Das Netz ist frei. Wir wollen schreiben, was wir denken.“

    Gegen Ende stellt einer die Frage, wann sich denn alle wieder sehen werden. Aber wann der nächste Blogger-Gipfel des Vatikans ist, kann im Augenblick niemand sagen. Dafür bittet man, zum gemeinsamen Gebet aufzustehen. Ein paar bleiben sitzen.

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