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Kinderpornografie-Affäre: SPD will Sebastian Edathy aus der Partei werfen

Kinderpornografie-Affäre

SPD will Sebastian Edathy aus der Partei werfen

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    Soll aus der SPD ausgeschlossen werden: Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy.
    Soll aus der SPD ausgeschlossen werden: Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy. Foto: Kay Nietfeld/Archiv (dpa)

    Sebastian Edathy soll die SPD wegen der Kinderpornografie-Affäre verlassen. An diesem Freitag kommt es im Parteiordnungsverfahren zu einer mündlichen Verhandlung vor der Bundesschiedskommission in Berlin. Die Anhörung wird von der Richterin Hannelore Kohl geleitet.

    In der Vorinstanz war die SPD-Spitze um Parteichef Sigmar Gabriel mit ihrer Forderung nach einem Parteiausschluss gescheitert. Die Bezirksschiedskommission der SPD Hannover lehnte im vergangenen Sommer einen Rauswurf ab, entzog Edathy aber für drei Jahre alle Rechte als Parteimitglied. Edathy und die SPD-Spitze legten Berufung ein.  Offen ist, ob Edathy am Freitag persönlich erscheint und ob die Schiedskommission bereits eine Entscheidung trifft. 

    Kinderpornografie: Verfahren gegen Edathy wurde eingestellt

    Der Fall Edathy hatte über Monate für Schlagzeilen und kurz nach dem Start der großen Koalition zum Rücktritt des damaligen Bundeslandwirtschaftsministers Hans-Peter Friedrich (CSU) geführt, der mit der Angelegenheit in seiner früheren Funktion als Innenminister befasst gewesen war. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages versuchte aufzuklären, wer in der SPD Edathy vor Ermittlungen wegen Kinderpornografie gewarnt haben könnte.

    Viele Fragen blieben unbeantwortet. Ein Gerichtsverfahren gegen Edathy war gegen Zahlung von 5000 Euro eingestellt worden.

    Chronologie: Die Affäre Edathy

    2012: Die kanadische Polizei informiert das Bundeskriminalamt über deutsche Kunden eines kanadischen Online-Shops, der auch Kinderpornografie vertreibt. Im Oktober 2012 gibt das BKA die Daten zur Auswertung an die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt.

    Oktober 2013: BKA-Chef Jörg Ziercke informiert den Staatssekretär des damaligen Innenministers Hans-Peter Friedrich (CSU). Der sagt SPD-Chef Gabriel, dass im Rahmen von Ermittlungen im Ausland der Name Edathy aufgetaucht sei. Gabriel erzählt Fraktionschef Steinmeier davon.

    5. November 2013: Der Leiter der Staatsanwaltschaft Hannover, Jörg Fröhlich, erfährt in einem Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Celle erstmals von dem Verdacht.

    Anfang Januar 2014: Edathy meldet seiner Fraktion seine Krankschreibung. Ende November 2013 hatte der innenpolitische SPD-Fraktionssprecher Michael Hartmann Oppermann bereits darüber informiert, dass Edathy gesundheitliche Probleme habe.

    22. Januar 2014: Edathys Anwalt sucht das Gespräch mit Oberstaatsanwalt Thomas Klinge. Dabei wiederholt er, was sein Mandant gerüchteweise gehört habe. "Die Filme seien allerdings nicht pornografisch gewesen, Herr Edathy besitze sie auch nicht mehr", sagt der Anwalt nach Darstellung Jörg Fröhlichs.

    28. Januar 2014: Die Staatsanwaltschaft entscheidet, Ermittlungen einzuleiten, die zunächst verdeckt laufen.

    7. Februar 2014: Edathy legt nach 15 Jahren sein Bundestagsmandat nieder. Als Motiv nennt er gesundheitliche Gründe.

    10. Februar 2014: Die Staatsanwaltschaft Hannover lässt Edathys Wohnungen im niedersächsischen Rehburg und in Berlin sowie Büros durchsuchen. Offenbar stoßen sie dabei nur auf wenig Material.

    11. Februar 2014: Edathy weist in einer Erklärung den Verdacht auf Besitz von Kinderpornografie zurück. Einen Tag später erhebt er Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft: Die Razzien in seinen Wohnungen und Büros seien unverhältnismäßig und widersprächen rechtsstaatlichen Grundsätzen.

    13. Februar 2014: SPD-Fraktionschef Oppermann gibt bekannt, dass Sigmar Gabriel bereits im Oktober vom damaligen Innenminister Friedrich über mögliche Ermittlungen gegen Edathy informiert worden sei.

    14. Februar 2014: Der Leiter der Staatsanwaltschaft Hannover, Fröhlich, gibt Einzelheiten zu den Ermittlungen bekannt. Danach geht es um den Kauf von Bildern mit nackten Jungen zwischen neun und 13 Jahren. Das liege im Grenzbereich zur Kinderpornografie, so Fröhlich. Zu dem Tipp von Friedrich an Gabriel sagt er: "Wir sind fassungslos."

    14. Februar 2014: Friedrich erklärt, er wolle im Amt bleiben, bis über ein Ermittlungsverfahren entschieden ist. Nur wenige Stunden später tritt er als Agrarminister zurück.

    18. Februar 2014: Die Staatsanwaltschaft Hannover leitet ein Verfahren gegen unbekannt wegen des Verdachts auf Geheimnisverrats ein. Ein Behörden-Brief kam unverschlossen sechs Tage nach Versand an. Er sollte den Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) über den Fall Edathy informieren. Es ist bekannt, dass sich ein Anwalt Edathys schon im November nach möglichen Ermittlungen erkundigt hat.

    24. Februar 2014: Gegen Edathy wird ein SPD-Parteiordnungsverfahren eingeleitet.

    2. Mai 2014: Es wird vom Landeskriminalamt Niedersachsen berichtet, dass sich Edathy strafbares kinderpornografisches Material über seinen Bundestag-Laptop beschafft habe. Die Staatsanwaltschaft schweigt.

    17. Juli 2014: Die Staatsanwaltschaft Hannover klagt den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy wegen des Besitzes von kinderpornografischen Fotos und Videos an.

    29. August 2014: Edathy scheitert mit seiner Beschwerde wegen der Durchsuchung seiner Wohnung und seines Abgeordnetenbüros beim Bundesverfassungsgericht.

    18. November 2014: Das Gericht lässt die Anklage gegen Edathy zur Hauptverhandlung zu.

    23. Februar 2015: Am Landgericht Verden startet der Prozess gegen Edathy. Er endet nach nur rund 90 Minuten. Staatsanwaltschaft und Verteidigung wollen bis zur nächsten Sitzung erneut über eine Einstellung sprechen.

    2. März 2015: Das Gericht stellt das Verfahren ein. Zuvor hat Edathy eine Erklärung verlesen lassen, in der er die Anklagevorwürfe einräumt. Zwar muss er 5000 Euro zahlen, aber er ist nicht vorbestraft.

    1. Juni 2015: Edathy muss seine SPD-Mitgliedschaft drei Jahre ruhen lassen. Das entscheidet das Schiedsgericht des SPD-Bezirks Hannover. Für einen von der Parteispitze beantragten Parteiausschluss sieht das Gremium keine ausreichende Grundlage.

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