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Kernkraftwerk-Pannen: Vattenfall feuert seinen Atomchef

Kernkraftwerk-Pannen

Vattenfall feuert seinen Atomchef

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    Der zurückgetretene Deutschlandchef des Vattenfall-Konzerns, Rauscher, verlässt das Unternehmen angeblich mit einem «goldenen Handschlag».
    Der zurückgetretene Deutschlandchef des Vattenfall-Konzerns, Rauscher, verlässt das Unternehmen angeblich mit einem «goldenen Handschlag». Foto: DPA

    Dasteilte die deutsche Vattenfall-Zentrale am Montag in Hamburg "in engerAbstimmung mit der schwedischen Muttergesellschaft" mit. Thomauskebekommt keine neuen Aufgaben und verlässt den Konzern. Zudem erklärteKonzernsprecher Johannes Altmeppen seinen Rücktritt.

    Unterdessenwächst der Handlungsbedarf im Atommeiler Krümmel: Das Problem mit nichtvorschriftsmäßigen Dübeln in einem Anlagebereich ist offensichtlichgrößer als zunächst vom Betreiber Vattenfall gemeldet. Das für dieAtomaufsicht zuständige Sozialministerium in Kiel stufte den Mangel amMontag von der Kategorie "N" (Normal) auf "E" (Eilt) hoch. DieseKategorie betrifft Ereignisse, die die Sicherheitstechnik potenziell,aber nicht unmittelbar betreffen. Sie verlangen noch keineSofortmaßnahmen der Behörde.

    Eventuell müssten alle 630 Dübel desTyps in der Anlage untersucht werden, sagte ein Sprecher desMinisteriums. Krümmel ist seit einer Pannenkette Ende Juni vom Netz. Indem vom Vattenfall-Konkurrenten RWE betriebenen hessischenAtomkraftwerk Biblis stehen wegen tausender falsch montierter Dübelbeide Blöcke schon seit Monaten still.

    Politiker undUmweltschützer reagierten mit verhaltener Zustimmung auf diepersonellen Konsequenzen bei Vattenfall und forderten den Konzern auf,nach der Pannenserie in den Meilern Krümmel und Brunsbüttel nicht nurPersonen auszutauschen, sondern die Sicherheitskultur grundlegend zuverbessern. Der Energieriese war zuletzt wegen seinerInformationspolitik immer stärker in die Kritik geraten.

    Vertreterder Atomaufsicht des Bundes und des Landes Schleswig-Holstein sprachenam Montag in Hamburg knapp vier Stunden lang mit mehreren Mitarbeitern,die während der Krümmel-Schnellabschaltung auf der Warte Dienst hatten.Dazu zählten insbesondere der Schichtleiter und der Reaktorfahrer. DerStaatssekretär im zuständigen Kieler Sozialministerium, Hellmut Körner,sagte nach dem Gespräch: "In einer ersten Bewertung sind sich dasBundesumweltministerium und das Sozialministerium einig, dass inKrümmel die Nutzung modernerer Kommunikationsprinzipien nötig ist, wiesie etwa in der Luftfahrt gelten."

    Zudem müsse die Verantwortungbei komplexen Störfällen anders geregelt werden, damit derSchichtleiter nicht überlastet werde. Vattenfall hatte am Freitag imInternet einen Zwischenbericht zu den Zwischenfällen in Krümmelveröffentlicht. Vor zweieinhalb Wochen hatte dort ein Trafo-Brand miteinem Kurzschluss eine Reaktor- Schnellabschaltung ausgelöst.

    Vattenfallwill die Vorgänge seit Ende Juni unabhängig von den Untersuchungen derBehörden durch eine Gruppe hochrangiger Vertreter aus Technik undWissenschaft analysieren lassen. "Die Empfehlungen der Gruppe werdenwir lückenlos umsetzen", versprach der Konzern. Für die Arbeit derExperten wird das Unternehmen fünf Millionen Euro bereitstellen.Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) lehnte die vom Konzernangebotene Mitarbeit eines Experten seines Hauses in dem Gremium "ausGründen der Unabhängigkeit der Atomaufsicht" ab.

    Der Konzern willmit dem Maßnahmenpaket "verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen.Wir werden alles tun, um die Fehler und Versäumnisse für die Zukunftauszuschließen." Thomauskes Aufgaben wird bis auf weiteresKraftwerksvorstand Reinhardt Hassa übernehmen. Sprecher Altmeppen wirdkommissarisch durch den Leiter des Konzernbereichs Politik undGesellschaft, Rainer Knauber, ersetzt.

    Gabriel erklärte: "Es isthöchste Zeit, dass sich Vattenfall nun endlich offensiv an dernotwendigen Aufklärung der Vorfälle in Krümmel und Brunsbüttelbeteiligen will." Den Vorschlag zur Gründung einer Expertengruppewertete er "als Einstieg in die Diskussion darüber, dass ältereAtomkraftwerke früher vom Netz gehen" sollten. Ihre Restlaufzeitensollten auf jüngere Anlagen übertragen werden - "so wie es imAtomkonsens mit den Betreibern vereinbart wurde". Die Stromkonzerneversuchen dagegen, gerade ältere Kraftwerke wie Biblis A länger am Netzzu lassen.

    Thomauske ist aus Sicht der Bundestags-Grünen ein"Bauernopfer". Ihr energiepolitischer Sprecher Hans-Josef Fell schriebin einer Mitteilung, mit der Personalie solle der notwendigeLizenzentzug für Krümmel und Brunsbüttel verhindert werden. "Es istunverantwortbar, dass die für die schlechte SicherheitskulturVattenfalls verantwortlichen Chefs (Klaus) Rauscher und (Lars Göran)Josefsson im Amt bleiben." Greenpeace äußerte sich ähnlich.

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