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Linnemann-Vorschlag: Kein Deutsch, keine Einschulung? Das sagt der Lehrerverband dazu

Linnemann-Vorschlag

Kein Deutsch, keine Einschulung? Das sagt der Lehrerverband dazu

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    Sprachtest für Kinder: Der CDU-Politiker Linnemann fordert, dass Deutschkenntnisse Voraussetzung für den Besuch der Grundschule sein müssen.
    Sprachtest für Kinder: Der CDU-Politiker Linnemann fordert, dass Deutschkenntnisse Voraussetzung für den Besuch der Grundschule sein müssen. Foto: Arno Burgi (Symbolbild)

    Carsten Linnemann mag zwar mit seinen 41 Jahren für einen Politiker noch relativ jung sein, aber er ist längst ein Profi in seinem Metier – schließlich sitzt der Mann aus Paderborn seit 2009 im Bundestag. Also darf man unterstellen, dass ihm bewusst war, dass seine in die Sommerpause platzierte Äußerung heftige Reaktionen auslösen würde: „Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Kind, das kaum Deutsch spricht und versteht, hat auf einer Grundschule noch nichts zu suchen“, sagte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef der Rheinischen Post.

    Gemeint waren in erster Linie die Kinder, die mit ihren Eltern als Flüchtlinge oder Zuwanderer ins Land gekommen sind. Linnemann schlug für die Mädchen und Jungen zudem eine Vorschulpflicht vor.

    Mit Blick auf einen Sprachtest in Duisburg, der über 16 Prozent der angehenden Erstklässler bescheinigte, kaum Deutsch zu können, warnte Linnemann vor dramatischen Folgen: „Wir erleben neue Parallelgesellschaften in vielen Bereichen des Landes. Bis tief hinein in die Mittelschicht erlebe ich Eltern, die ihre Kinder auf Privatschulen schicken, weil das Niveau an staatlichen Schulen sinkt.“

    Auch in der Union ist der Vorstoß von Linnemann umstritten

    Die Wortmeldung Linnemanns wurde aus den Reihen von SPD, Grüne und Linkspartei durchweg harsch kritisiert. Auch aus der Union gab es teilweise eindeutige Ablehnung: Von „populistischem Unfug“ gar sprach die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) in der Süddeutschen Zeitung. Ganz anders sieht das der hessische Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Wilsch. Auch er habe die Erfahrung gemacht, dass Grundschullehrer überfordert seien und „die Bildungschancen unserer eigenen Kinder beeinträchtigt sind, wenn in der Klasse Schüler sitzen, die den Lehrer sprachlich nicht verstehen“. Es sei bezeichnend, dass „Integrations- und Inklusionsideologen im Gutmenschen-Eifer“ jetzt über Linnemann herfallen würden.

    Weniger schrill fielen die Reaktionen von Fachleuten aus. Die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Simone Fleischmann, selber lange Jahre Direktorin einer Grund- und Mittelschule, weiß um die Sorge vieler Eltern, dass Schüler mit geringeren Sprachkenntnissen den Unterricht blockieren und die eigenen Kinder dadurch in ihrer Entwicklung stören könnten. Soweit teilte Fleischmann im Gespräch mit unserer Redaktion die Analyse Linnemanns.

    Doch sie zieht daraus andere Folgerungen als der CDU-Politiker: „Es ist entscheidend, dass wir in der Kita und in der Grundschule integrativ arbeiten. Doch das geht nur, wenn wir entsprechend aufgestellt sind.“ Das bedeute, dass diese Kinder sehr individuell gefördert werden müssten. Dann könnten die Grundschulen ihre Funktion als „Kitt der Gesellschaft“ ausfüllen.

    BLLV-Chefin Simone Fleischmann warnt davor, Kinder auszusortieren

    Auch Simone Fleischmann will eine Vertiefung der Spaltung in der Gesellschaft durch fehlgeschlagene Schullaufbahnen von Kindern unbedingt vermeiden. Doch ihr Ansatz ist anders: Die Kinder müssten im Schulsystem bleiben und nicht aussortiert werden. „Wenn wir wirklich wollen, dass Schule und Kita Vorbild für Integration sein können, dann brauchen wir auch mal zwei Lehrer pro Klasse oder Kleingruppen zur Förderung. Falsch ist es, den Kindern schon am Start klar zu machen: ,Du gehörst hier nicht dazu‘.“ Am besten und schnellsten würden die Mädchen und Jungen im sogenannten „Sprachbad“ ihre Rückstände aufholen. Das ist das Nonplusultra: „Wir lernen dann gut Deutsch, wenn alle um uns herum deutsch sprechen.“

    Nachdem die Linnemann-Äußerung in der Öffentlichkeit kursierte, meldeten sich Frauen und Männer zu Wort, die offensichtlich durch dieses „Sprachbad“ für ihr späteres Leben in Deutschland gestählt wurden. So wie die Präsidentin des baden-württembergischen Landtags, Muhterem Aras: „Ich sprach kein Deutsch, als ich als 12-Jährige in die Hauptschule kam.“ (...) Später habe sie ein Steuerbüro aufgebaut und sei Präsidentin des Landtags geworden, schreibt die Grünen-Politikerin mit türkischen Wurzeln.

    Der Sprung ins kalte Wasser kann erfolgversprechend sein 

    Ähnliche Erfahrungen hat auch der heutige Europa-Parlamentarier Sergey Lagodinsky (Grüne) gemacht, der 1993 als 18-jähriger fast ohne Sprachkenntnisse von Russland nach Deutschland kam und es dennoch schaffte, auf dem Gymnasium Fuß zu fassen. „Natürlich hatte ich den Vorteil, dass meine Familie sehr viel Wert auf Bildung legte und ich gut Englisch gesprochen habe.“ Auffällig sei aber der direkte Vergleich mit Gleichaltrigen gewesen, die wie ich zu dieser Zeit aus Russland kamen und Sprachkurse absolvierten, bevor sie die Schule besuchten.

    „Ich glaube, der Sprung ins kalte Wasser ist oft eine erfolgversprechende Methode – man kann das ja auch mit Sprachkursen kombinieren.“ Er habe sich gewundert, dass mit Linnemann ausgerechnet ein CDU-Politiker in dieser Frage auf Reglementierung setze. Die Union sei doch eigentlich die Partei, die immer wieder sage, dass Freiwilligkeit besser sei als Verbote.

    Lesen Sie auch die Pressestimmen zu dem Fall: "Linnemann nutzt eine Rhetorik der Ausgrenzung".

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