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Kassensystem: Söder zu Hausärzten: "Wer draußen ist, bleibt draußen"

Kassensystem

Söder zu Hausärzten: "Wer draußen ist, bleibt draußen"

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    Markus Söder.
    Markus Söder. Foto: Fred

    Morgen wollen die bayerischen Hausärzte bei einer Versammlung in Nürnberg die Rückgabe ihrer Kassenzulassungen beschließen, was am 1. Juli 2011 wirksam werden könnte.

    Wir sprachen darüber mit dem bayerischen Gesundheitsminister Markus Söder (CSU), der die Ärzte vor diesem Schritt ausdrücklich warnt und sie zu Verhandlungen auffordert.

    Vor knapp drei Jahren wollten die Hausärzte schon mal aus dem Kassensystem aussteigen. Die CSU hat sie mit politischen Entscheidungen befrieden können. Hat Schwarz-Gelb die Hausärzte jetzt fallen lassen? Auf wessen Seite stehen Sie?

    Söder: Wir sind Partner der Hausärzte, aber kein Partner der Ausstiegsstrategie. Wir haben auf Bundesebene erreicht, dass die Hausarztverträge rechtliche Planungssicherheit bis Mitte 2014 haben. Keine Arztgruppe in Bayern ist derart privilegiert.Deshalb sind Verhandlungen im System in Ordnung und angemessen, ein Ausstieg aus dem System aber der falsche Weg. Denn es geht vor allem zulasten des einzelnen Hausarztes. Außerhalb des Systems steht der Hausarzt allein.

    Sie haben von einem Verstoß gegen geltende Gesetze gesprochen. Was werfen Sie den Hausärzten vor?

    Söder: Wer aussteigt, ist draußen. Und wer draußen ist, bleibt draußen. Nach der drohenden sechsjährigen Sperre für vertragsärztliche Versorgung wäre der Wiedereinstieg sehr schwierig. Als Freunde einer hausärztlichen Versorgung müssen wir einander die Wahrheit sagen können. Die Wahrheit ist, dass der Systemausstieg gegen geltendes Bundesrecht verstößt. Die Rechtslage wird ja auch letztlich durch die Führung des Hausärzteverbandes anerkannt. Keiner steht außerhalb des Rechtes - weder die Ärzte noch die Kassen.

    Hausärztepräsident Hoppenthaller stellt Patientenversorgung gegen Sozialgesetzbuch. Was ist für Sie wichtig?

    Söder: Mir geht es in erster Linie um die Patientenversorgung. Die Patienten müssen sich übrigens keine Sorgen machen. Sie werden weiter auf Chipkarte behandelt. Honorarstreitigkeiten zwischen Ärzten und Kassen dürfen nicht auf dem Rücken von Patienten diskutiert werden. Das ist nicht fair.

    Der Hausarztvertrag sollte auch die Versorgungsqualität verbessern. Gibt es hier Erfahrungen?

    Söder: Hausarztverträge sind eine gute Sache. Von ihnen können Patienten, Ärzte und auch Kassen profitieren. Deshalb werben wir für eine faire Fortsetzung.


    Was läuft falsch, dass die Hausärzte zu so drastischen Maßnahmen wie der Rückgabe der Kassenzulassung greifen? Es ist ja auch eine Existenzfrage.

    Söder: Viele Hausärzte stellen uns die Frage: Wie geht es jetzt weiter? Die Rechtsfolgen sind eindeutig. Wer aussteigt, kann nur noch Privatpatienten behandeln, die 90 Prozent gesetzlich Versicherten nicht mehr. Darauf weisen wir hin - als Freund der Hausärzte, nicht etwa als Gegner. Wir raten jedem einzelnen Hausarzt, mit dem Ehepartner und der Bank zu sprechen, ehe er seine Kassenzulassung zurückgibt. Wir haben uns sehr für die Hausärzte eingesetzt. Durch eine solche Ausstiegsstrategie sehen wir den gemeinsamen Erfolg gefährdet.

    Die Ärzte treibt nicht nur die Sehnsucht nach einem angemessenen Honorar um, sondern auch die Angst vor einer Ausbreitung der Medizinischen Versorgungszentren. Wie wollen Sie das Prinzip der frei praktizierenden Mediziner retten?

    Söder: Wenn viele Ärzte aus dem System ausscheiden, dann wird es auf Dauer natürlich Diskussionen über Alternativstrukturen geben. Zum Beispiel durch Fachärzte, durch Kinder- und Jugendärzte, durch Krankenhäuser aber wahrscheinlich auch durch Medizinische Versorgungszentren. Deswegen ist meine große Sorge, dass mit einem Ausstieg das Gegenteil von dem erreicht wird, was die Ärzte wollen: die Freiberuflichkeit zu stärken. Es werden dann eher andere Strukturen befördert.

    Wie kann es weiter gehen?

    Söder: Man sollte über die Weihnachtsfeiertage Ruhe einkehren lassen. Nach der Entscheidung am Mittwoch wird es sicher weitere Gespräche zwischen Kassen und Ärzten geben. Klar ist aber auch, dass dies auf dem Boden des geltenden Rechts stattfinden muss.

    Brauchen wir einen Schlichter wie bei Stuttgart 21 mit Heiner Geißler?

    Söder: Es ist sinnvoll für mehr Transparenz zu sorgen. Vielen Patienten ist es auch nicht ganz klar, worum es eigentlich geht. Es sollte noch breiter und transparenter diskutiert werden, weniger mit gegenseitigen Vorwürfen als mit klaren Fakten.

    Mal angenommen, alle Appelle verhallen ungehört, und die Ärzte steigen zum 1. Juli 2011 aus. Dürfen den Patienten Rechnungen gestellt werden, wenn sie zu ihrem Hausarzt gehen?

    Söder: Der Patient braucht sich keine Sorgen zu machen. Wenn ein Arzt aussteigt, dann ist er nicht mehr im System, dann kann er auch keinen gesetzlich Versicherten behandeln. Bei allen Ärzten, die weiter im System sind, bleibt es wie bisher.

    Die Fragen stellte Joachim Bomhard

    Die bayerischen Hausärzte wollen am morgigen Mittwoch bei einer Versammlung in Nürnberg die Rückgabe ihrer Kassenzulassungen beschließen, was am 1. Juli 2011 wirksam werden könnte.

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