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Kandidatin der Linken: Madame Klarsfeld irritiert auch in Frankreich

Kandidatin der Linken

Madame Klarsfeld irritiert auch in Frankreich

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    Beate Klarsfeld ist die Kandidatin der Linken für das Bundespräsidentenamt.
    Beate Klarsfeld ist die Kandidatin der Linken für das Bundespräsidentenamt.

    In Frankreich kennt man sie gut, die Klarsfelds. Immer wieder erscheinen sie in der Öffentlichkeit, mit Auftritten, Veröffentlichungen und Äußerungen, als Spezialisten für den Holocaust und dessen Aufarbeitung.

    Das gilt nicht nur für Beate, die für die Linke als Bundespräsidentin kandidiert, und ihren Mann Serge, einen in Frankreich angesehenen Schriftsteller, Historiker und Anwalt. Sondern auch für ihren Sohn Arno Klarsfeld, ebenfalls Jurist und ein Vertrauter von Präsident Nicolas Sarkozy, mit dessen Frau Carla Bruni er eine Liaison hatte – freilich vor ihrer Heirat. Sarkozy gilt als einer der Beförderer von Arno Klarsfelds Karriere, er machte ihn zu seinem Berater für diverse Missionen, Klarsfeld kandidierte bei der Parlamentswahl 2007 erfolglos für die Regierungspartei UMP. Dank seiner guten Beziehungen zur Staatsspitze ist er heute Mitglied im Verfassungsrat und Präsident des Amtes für Immigration und Integration. Aus ihrer Nähe zum bürgerlich-konservativen französischen Staatschef macht die Familie keinen Hehl, auch

    „Wir unterstützen Sarkozy. Das sage ich ganz offen“, erklärte die 73-Jährige bei ihrer Pressekonferenz in Berlin. Während Gregor Gysi eine „Meinungsverschiedenheit“ feststellte, scheint Klarsfeld selbst das Engagement für die Konservativen in Frankreich und die Linken in Deutschland gut vereinbaren zu können.

    Beate Klarsfeld: Wahlheimat Frankreich

    In ihrer Wahlheimat Frankreich, wo sie seit ihrem Aufenthalt als Au-pair-Mädchen in den 60er Jahren lebt, erstaunt dieses Engagement. Die Klarsfelds stehen für Antifaschismus, aber nicht für linke Werte wie den Kampf um soziale Gerechtigkeit. Sie wohnen in einem gehobenen Stadtteil von Paris und gehören zur konservativen Bourgeoisie, politisch wie gesellschaftlich.

    Gerade in einem Land, das stark in ideologischen Gegensätzen denkt, muss ihre Nominierung irritieren. Zwar gelten Beate und Serge Klarsfeld, die die Vereinigung Söhne und Töchter der deportierten Juden Frankreichs führen, als moralische Autoritäten, nicht nur durch die Jagd auf Nazi-Verbrecher, sondern auch durch ihre scharfe Opposition gegen Jean-Marie Le Pen und seinen rechtspopulistischen Front National. Doch angesichts der gegen Ausländer und Immigranten gerichteten Töne Sarkozys und seines Innenministers Claude Guéant, die sich im Wahlkampf multiplizieren, war noch kein Protest zu hören.

    Auch nicht gegen Sarkozys scharfes Vorgehen gegen Roma im Sommer 2010, bei dem sich zahlreiche Politiker, darunter EU-Kommissarin Viviane Reding, sogar ans Dritte Reich erinnert fühlten. Beate Klarsfeld, bereits als Ritter und Offizier der französischen Ehrenlegion ausgezeichnet, nahm 2011 von Sarkozy den Nationalverdienstorden an. Immerhin erhöhte ihre Nominierung das Interesse am Aufruhr um den deutschen Bundespräsidenten – anders als Madame Merkel ist er in Frankreich kaum bekannt. Auch die Gründe für den Rücktritt Christian Wulffs schienen kaum vermittelbar: Dass die politische Klasse Privilegien wahrnimmt und enge Kontakte zu Unternehmern pflegt, ist nicht ungewöhnlich und erst dann ein Aufreger, wenn es allzu offensichtlich wird, wie bei Sarkozys Segeltörn auf der Luxusjacht des Industriellen Vincent Bolloré unmittelbar nach seiner Wahl.

    „Die Wulff-Affäre wäre in Frankreich keine gewesen“, erklärt die französische Deutschland-Korrespondentin Pascale Hugues in ihrer Kolumne „Mein Deutschland“ in der Süddeutschen Zeitung. „Mein Land ist ein unendliches Reservoir an Affären und Skandalen jeder Couleur.“

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