Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kandidat: Joachim Gauck: Keine Chance - oder doch?

Kandidat

Joachim Gauck: Keine Chance - oder doch?

    • |
    Joachim Gauck, der frühere Chef der Stasiunterlagen-Behörde, bei einem Auftrittt im Schondorfer Landheim.
    Joachim Gauck, der frühere Chef der Stasiunterlagen-Behörde, bei einem Auftrittt im Schondorfer Landheim. Foto: Stefanie Merlin

    Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sagt mit Blick auf Gauck: "Ich wundere mich im Nachhinein, warum FDP und CDU nicht auf diesen Kandidaten selbst gekommen sind." Der von SPD und Grünen ins Rennen geschickte DDR-Menschenrechtler und frühere Stasi- Jäger

    Auch in den Unionsreihen galt Gauck schon mal als würdiger Kandidat für das Bundespräsidentenamt. Im ersten Amtsjahr der rot- grünen Koalition 1999 wollte die CSU ursprünglich Gauck als Alternative zum SPD-Kandidaten Johannes Rau ins Rennen schicken.

    Elf Jahre später hat der politische Gegner mit der Nominierung Gaucks einen geschickten Zug gemacht. SPD und Grüne können zum einen die Gauck ablehnende Linke als Partei entlarven, die noch nicht vollständig ihr Verhältnis zur DDR-Vergangenheit geklärt hat. Zudem sorgt die Personalie auch bei Union und FDP zunehmend für Krach - viele Abweichler bei der Wahl am 30. Juni würden den Ruf der Regierung weiter ramponieren.

    SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte Gauck der Kanzlerin einen Tag vor der offiziellen Nominierung Wulffs als parteiübergreifenden Kandidaten vorgeschlagen. Merkels Antwort per SMS fiel laut "Spiegel" mit ihrem Kürzel am Ende knapp aus: "Danke für die info und herzliche Grüße am".

    In anderen Zeiten wäre Gauck ein Kandidat, der von Union und FDP bestens wählbar wäre. Gerade im 20. Jahr der Wiedervereinigung ginge von einer Wahl des überzeugten Demokraten ein starkes Signal aus. Gauck selbst sagt, dass er zu vielen Unions- und FDP-Politikern beste Beziehungen pflege - und er hätte sich auch vom Regierungslager nominieren lassen: "Ich hätte mich gefreut und hätte Ja gesagt", sagte er der "Bild".

    Mehrere FDP- und Unions-Politiker brachten am Wochenende bereits eine Wahl Gaucks ins Spiel. Die Pastorentochter Angela Merkel selbst würdigte Gauck zu seinem 70. Geburtstag Anfang des Jahres für seine Verdienste um Freiheit, Einheit und Demokratie. Mit ihren beiden Wende-Biografien steht Gauck

    Der FDP-Querdenker Kubicki schloss im NDR sogar nicht aus, dass Wulff im ersten Wahlgang die nötige absolute Mehrheit verpasst. Schwarz-Gelb stehen mindestens 21 Sitze mehr zu, als für die Wahl des Staatsoberhaupts notwendig sind. Weil die Linke nicht für Gauck stimmen will, dürfte an der Wahl Wulffs zwar kein Zweifel bestehen.

    Sollten dem bisherigen niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten Wulff als Kandidat von Union und FDP aber am Ende zehn oder mehr Stimmen aus dem Koalitionslager fehlen, würde der geplante Befreiungsschlag der Kanzlerin mit einem Makel behaftet sein.

    Zum einen würde der 50 Jahre alte Wulff mit dem Ruf eines mehr aus Koalitionsräson denn aus Überzeugung ins Amt gehievten Präsidenten starten. Zum anderen würde Schwarz-Gelb mal wieder mit Uneinigkeit von sich reden machen. "Ich frage mich, warum es nicht möglich war, sich im bürgerlichen Lager mit der SPD auf Gauck zu einigen", sagte ähnlich wie Kubicki auch Brandenburgs Ex-CDU-Chef Jörg Schönbohm.

    Besonders bei den Liberalen rumort es. Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow betont, es gebe - nicht zuletzt wegen der großen Anerkennung für den DDR-Bürgerrechtler Gauck - keinen Blankoscheck für Wulff. Die FDP in Thüringen hat nach eigenen Angaben ebenfalls noch nicht geklärt, ob der Landesverband Wulff oder Gauck unterstützt.

    Der Freiheitskämpfer Gauck erhält für kluge Bemerkungen viel Respekt - von Wulff hingegen sind bisher nur wenige Debattenanstöße bekannt. "Der Spiegel" feiert Gauck mit der Schlagzeile "Der bessere Präsident". Und die "Bild am Sonntag" ("Yes, wie Gauck") spürt in der Präsidentenfrage einen "Ruck in Deutschland".

    Gauck selbst will in den kommenden Wochen keinen Wahlkampf machen. Doch er ist sich auch nicht zu schade, um Stimmen von Schwarz-Gelb zu werben, sagte er der "Welt". "Würden mich die Bundestagsfraktionen von Union und FDP einladen, käme ich natürlich und würde dort auf viele mir seit Jahren verbundene Menschen stoßen." dpa

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden