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Kampf gegen IS: IS-Dschihadisten erobern trotz Luftangriffen große Teile von Kobane

Kampf gegen IS

IS-Dschihadisten erobern trotz Luftangriffen große Teile von Kobane

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    Die IS-Extremisten haben offenbar über ein Drittel von Kobane unter ihre Kontrolle gebracht.
    Die IS-Extremisten haben offenbar über ein Drittel von Kobane unter ihre Kontrolle gebracht. Foto: Tolga Bozoglu dpa

    Die Extremisten hätten inzwischen mehr als ein Drittel der syrischen Kurdenstadt unter ihre Kontrolle gebracht, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag mit. Kobane liegt direkt an der türkischen Grenze. Die Regierung in Ankara bekräftigte, nicht im Alleingang mit Bodentruppen eingreifen zu wollen.

    Nach Angaben der Beobachtungsstelle, die sich auf ein Netzwerk von Informanten in Syrien stützt, eroberten die IS-Kämpfer auch den Sitz der kurdischen Sicherheitskräfte in Kobane. Bei den Gefechten in der Nacht seien dutzende Kämpfer auf beiden Seiten getötet worden. Am Donnerstag töteten die kurdischen Soldaten laut der Beobachtungsstelle elf

    Kobane ist die drittgrößte Kurden-Stadt in Syrien

    Die US-Armee betonte, die kurdischen Einheiten kontrollierten nach wie vor einen Großteil der Stadt und leisteten den Dschihadisten weiterhin Widerstand. Die internationale Militärallianz flog nach Angaben Washingtons am Donnerstag fünf Luftangriffe auf IS-Stellungen südlich von Kobane. Dabei seien unter anderem zwei Kampfeinheiten, Fahrzeuge und ein Trainingscamp der

    Kobane ist die drittgrößte Kurden-Stadt in Syrien. Mit einem Verlust Kobanes und der umliegenden Region könnten die syrischen Kurden ihre in den Wirren des syrischen Bürgerkriegs errungene Selbstverwaltung wieder einbüßen. Der IS würde dagegen mit der Eroberung der Stadt im Norden Syriens ein geschlossenes Gebiet entlang der türkischen Grenze in den Händen halten.

    Das ist die Organisation IS

    IS ist eine islamistische Organisation. Sie hat das Ziel, einen Islamischen Staat zu errichten. Dieses Kalifat soll die Länder Syrien und Irak, aber auch den Libanon, Israel und Jordanien miteinander vereinen.

    IS steht für Islamischer Staat. Gebräuchlich ist auch die Abkürzung ISIL, das steht für Islamischer Staat im Irak und in der Levante oder ISIS für Islamischer Staat im Irak und in Syrien.

    Ihr Ziel verfolgen die Anhänger der Organisation mit militärischen Mitteln und brutalster Gewalt, darunter Bombenattentate, Folter, und Hinrichtungen von Zivilisten.

    IS kämpft an vielen Fronten. Die Terrorgruppe geht bewaffnet gegen die Regierungen in Syrien und im Irak vor, führt Krieg gegen schiitische Gläubige und vermeintliche sunnitische Kollaborateure.

    Die IS hat ihre Wurzeln in der Widerstandsbewegung gegen die Besetzung des Iraks nach dem Irakkrieg 2003.

    Die Gruppe profitierte 2013 vom Machtkampf der von Schiiten dominierten Regierung in Bagdad mit Sunniten und beherrscht inzwischen weite Teile des Iraks.

    Im syrischen Bürgerkrieg hat Isis vor allem im Nordosten des Landes die Kontrolle erlangt. Dort griff die Gruppe kurdische Städte an und massakrierten Zivilisten.

    In den besetzten Gebieten verordnen die Dschihadisten der Bevölkerung strenge Regeln. So sollen Frauen die Häuser nur noch verlassen, wenn es unbedingt notwendig ist. Alkohol und Rauchen ist verboten, ebenso Veranstaltungen und freie Presse.

    Im April 2014 sagte sich IS von Al-Kaida los. Deren Führung habe sich von den Grundsätzen des "Heiligen Krieges" entfernt, hieß es.

    Wie viele Menschen sich IS angeschlossen haben, ist unklar. Schätzungen sprechen von bis zu 15.000 Kämpfern.

    Anführer der Bewegung ist seit Mai 2010 Abu Bakr al-Baghdadi. Die USA führt ihn als einen der meistgesuchten Terroristen der Welt.

    IS wirbt im Internet aktiv um Kämpfer aus Europa. «Isis macht eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit», sagte der EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung, Gilles de Kerchove. Die Islamisten hätten sogar Kameras auf ihre Kalaschnikows geschraubt, um ihre Operationen in Echtzeit im Internet zu übertragen.

    Finanziert wurde IS zu Beginn von saudischen und katarischen Gönnern. Mittlerweile hat die Organisation mit mafiösen Methoden eigene Einnahmequellen erzeugt, etwa mit dem Schmuggel von Öl.

    Nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums werden Luftangriffe wohl nicht ausreichen, um die drohende Eroberung von Kobane zu verhindern. Stattdessen sei der Aufbau einer schlagkräftigen Rebellentruppe nötig, um den IS auch am Boden zu bekämpfen, teilte das Pentagon mit. US-Präsident Barack Obama entsandte zudem den pensionierten General John Allen nach Ankara, um über einen Beitritt der Türkei zu dem von Washington geführten Bündnis gegen den IS zu verhandeln. Die türkische Regierung hatte sich vom Parlament die Erlaubnis eingeholt, im Kampf gegen den IS Bodentruppen nach Irak und Syrien zu entsenden.

    Nach Gesprächen mit dem neuen Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Donnerstag aber, niemand dürfe von der Türkei einen Alleingang erwarten. "Es ist nicht realistisch, dass die Türkei allein eine Bodenoperation durchführt", sagte Cavusoglu.

    Bei dem Treffen wurde auch die von Ankara geforderte Pufferzone zwischen der Türkei und Syrien erörtert. Stoltenberg erklärte aber, innerhalb der Nato gebe es noch keine entsprechenden Planungen. Die Regierungen in Washington, London und Paris hatten sich zuletzt offen für eine Prüfung des Vorschlags gezeigt. Die russische Regierung steht dem Vorhaben ablehnend gegenüber und fordert die Zustimmung des UN-Sicherheitsrates, in dem sie ein Veto-Recht hat.

    In der Nacht zum Donnerstag gingen in der Türkei erneut hunderte Kurden auf die Straße, die der Regierung in Ankara Untätigkeit im Syrien-Konflikt vorwarfen. Bei neuerlichen Zusammenstößen mit der Polizei wurde ein Demonstrant getötet. Damit erhöhte sich die Opferzahl seit Wochenbeginn auf 23 Tote.

    Auch in Deutschland kam es in den vergangenen Tagen bei Kurden-Demonstrationen zu Ausschreitungen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verurteilte am Donnerstag die Gewalt zwischen Kurden, Jesiden und mutmaßlichen radikalen Muslimen am Rande der Kundgebungen. Er verstehe, dass Menschen "aufgewühlt sind von den Bildern aus Syrien und Irak", sagte de Maizière beim EU-Innenministertreffen in Luxemburg. "Aber ich habe kein Verständnis dafür, wenn solche Aktionen gewalttätig enden."

    Vertreter von Polizeigewerkschaften warnten indes vor weiteren Konfrontationen in deutschen Städten. "Hier droht ein Stellvertreterkrieg auf deutschem Boden", sagte der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, der "Passauer Neuen Presse".  afp/AZ

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