Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kampf gegen IS: Claudia Roth nach Irak-Besuch: "Elend und Leid sprengt alle Vorstellungen"

Kampf gegen IS

Claudia Roth nach Irak-Besuch: "Elend und Leid sprengt alle Vorstellungen"

    • |
    Die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth im Gespräch mit christlichen Flüchtlingen, die im kurdischen Erbil untergekommen sind.
    Die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth im Gespräch mit christlichen Flüchtlingen, die im kurdischen Erbil untergekommen sind. Foto: Frederik Landshöft/Bündnis 90/Die Grünnen (dpa)

    Frau Roth, Sie waren in der irakischen Kurdenstadt Erbil und in der kurdischen Provinz Dohuk unterwegs. Wie sind Ihre Eindrücke?

    Claudia Roth: Ich habe schon viel erlebt. Aber was ich dort an Elend und Leid gesehen habe, sprengt alle Vorstellungen. Ich musste angesichts der Massen von christlichen, jesidischen sowie turkmenischen Flüchtlingen unwillkürlich an den biblischen Exodus denken. Es fehlt an allem. Kurdenpräsident Massud Barsani sagte mir, dass die rund sechs Millionen Einwohner mit circa 1,5 Millionen Flüchtlingen konfrontiert sind. Das muss man sich mal vorstellen. Bei uns in Deutschland sind die Kommunen ja scheinbar schon an der Grenze der Belastbarkeit, wenn 100 Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Da relativiert sich dann doch so einiges.

    Irak: Angst vor Ausbreitung von Seuchen in Flüchtlingslagern

    Wie sind die Menschen untergebracht?

    Roth: Zum Teil in Schulen. Ich habe eine

    Gibt es im von den IS-Milizen beherrschten Gebiet denn überhaupt noch Christen?

    Roth: Es ist ein Drama. Mossul, wo es eine Jahrtausende alte christliche Siedlungsgeschichte gibt, ist jetzt quasi „christenfrei“. Viele Christen, mit denen ich in Erbil gesprochen habe, sind völlig verbittert, dass sich ihre Nachbarn, mit denen sie über Generationen friedlich zusammengelebt haben, mit den sunnitischen Terroristen solidarisiert haben. Von daher erscheint eine Rückkehr in ihre Heimatdörfer zurzeit kaum denkbar. Dem IS-Terror entkommen: Jesiden schildern Drama im Irak

    Claudia Roth: Keine Waffenlieferung an Kurden in Irak

    Was wissen Sie über die Lage im Sindschar-Gebirge, wo hunderttausende Jesiden Zuflucht vor den IS-Terroristen gesucht haben?

    Roth: Da hat sich die Situation wohl ein bisschen entspannt. Die meisten Jesiden konnten über Korridore aus dem Gebirge geführt werden.

    Ist es nicht an der Zeit, dass auch Deutschland den Kurden Waffen liefert, damit sie im Kampf gegen den IS bestehen können?

    Roth: Also, ich wundere mich schon über diese Diskussion. Das ist typisch deutsch. Die Kurden können mit Waffen aus Deutschland gar nichts anfangen, weil sie sie nicht bedienen können. Sie sind US-amerikanische Fabrikate gewöhnt. Davon abgesehen würden wir unsere eigenen Regeln verletzten, wenn wir Waffen in ein Spannungsgebiet liefern.

    Humanitäre Hilfe im Kurden-Gebiet des Irak wichtiger als Waffen

    Was können wir sonst tun, um die Kurden zu unterstützen?

    Roth: Die deutschen Kompetenzen sind überragend, wenn es um humanitäre Hilfe geht. Die Kurden brauchen dringend Zelte, Wasseraufbereitungsanlagen und Ähnliches. Das THW hat dafür ausgezeichnete Experten.

    Wie geht es in der Region weiter?

    Roth: Wir erleben hier, dass Strukturen untergehen, dass es viele Grenzen – wie etwa die zwischen Syrien und dem Irak – nur noch auf dem Papier gibt. Die Zentralregierung in Bagdad hat völlig versagt. Es fließt kein Geld in die Kurden-Region. Dort können die staatlichen Angestellten nicht mehr bezahlt werden. Ein Lichtblick ist, dass der selbstherrliche und unfähige Staatschef Maliki endlich den Weg für eine neue Regierung unter Einbeziehung der sunnitischen Fraktionen freigemacht hat. USA greifen gegen Dschihadisten im Nordirak durch

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden