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Kämpfe in Syrien: Assads Kampfjets bombardieren Aleppo

Kämpfe in Syrien

Assads Kampfjets bombardieren Aleppo

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    Ausgebrannt steht ein Panzer der syrischen Regierungstruppen in einem Vorort des hart umkämpften Aleppo. Foto: epa/str dpa
    Ausgebrannt steht ein Panzer der syrischen Regierungstruppen in einem Vorort des hart umkämpften Aleppo. Foto: epa/str dpa

    Im Kampf um Aleppo schreckt das syrische Regime vor nichts zurück und lässt die Millionenstadt von Kampfjets aus der Luft bombardieren. UN-Beobachter hätten das mit eigenen Augen gesehen, sagte eine Sprecherin der Mission am Mittwoch in Damaskus. In der Stadt richteten die Aufständischen offenbar mehrere örtliche Anführer der gefürchteten regimetreuen Schabiha-Miliz hin. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht in der Offensive gegen

    Video mit Hinrichtung mehrerer Männer aufgetaucht

    Ein Video, das am Mittwoch auf der Internet-Plattform YouTube auftauchte, zeigt, wie drei oder vier Männer in Unterhosen in einen Schulhof geführt, an eine Mauer gesetzt und anschließend aus halbautomatischen Waffen erschossen werden. Die Echtheit des Videos und seiner Inhalte sind für Außenstehende nicht überprüfbar.

    In der englischen Beschreibung wird einer der Hingerichteten als Ali Sain al-Abdin Barre beschrieben. Als Chef des Barre-Clans und der von ihm gebildeten lokalen Schabiha-Miliz soll er für die Tötung von 15 Aufständischen verantwortlich gewesen sein. Die Schabiha-Milizen haben beim Kampf gegen Regimekritiker völlig freie Hand und stehen dabei praktisch außerhalb des Gesetzes.

    UN-Beobachter: Aufständische im Besitz von Panzern

    Die UN-Beobachter berichteten auch, dass die Aufständischen weiter aufrüsteten und inzwischen sogar Panzer hätten. Die Herkunft war zunächst unklar. Die Freie Syrische Armee (FSA) wird von den Golfstaaten Katar und Saudi-Arabien unterstützt. Es ist aber auch zu vermuten, dass die Aufständischen bei ihren jüngsten Eroberungen selbst Waffen erbeutet haben. Auch das Regime mache "intensiven Gebrauch" von schweren Waffen, darunter Helikopter, Panzer, Artillerie und schwere Maschinengewehre.

    Machthaber Baschar al-Assad schickte seine Truppen mit markigen Parolen in die "Entscheidungsschlacht". In einer schriftlichen Botschaft zum Tag der Armee lobte er das Militär für seine Ausdauer in der Bekämpfung "krimineller terroristischer Banden": "Das Schicksal unseres Volkes und unserer Nation, ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hängen von dieser Schlacht ab."

    Zehn Fakten zu Syrien

    Syrien heißt amtlich "Arabische Republik Syrien".

    Syrien liegt in Vorderasien und grenzt an Israel, Jordanien, den Libanon, die Türkei und an den Irak.

    Syrien ist 185.180 Quadratkilometer groß und hat etwa 21 Millionen Einwohner.

    Die Staatsform wird im diktatorisch regierten Land mit "Volksrepublik" angegeben.

    Die Amtssprache des Landes ist Arabisch.

    Die Währung ist die Syrische Lira.

    Am 17. April 1946 wurde das Land unabhängig von Frankreich.

    Das Kfz-Kennzeichen lautet SYR, die Internet-TLD .sy. Die internationale Telefonvorwahl ist die +963.

    Die größten Städte Syriens sind Aleppo, Damaskus, Homs, Hama und Latakia.

    Staatsoberhaupt seit dem 17. Juli 2000 ist Baschar al-Assad.

    Amnesty International: Gewalt und Folter in Syrien

    In einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht zeichnet Amnesty International ein schonungsloses Bild von Gewalt, Folter und Unterdrückung im Land. "Jede Demonstration, die ich in Aleppo beobachtet habe, endete damit, dass Sicherheitskräfte das Feuer auf die friedlichen Demonstranten eröffneten", sagte Donatella Rovera, die sich Ende Mai selbst in Aleppo ein Bild von der Lage gemacht hat.

    Der Report dokumentiert nach Darstellung von Amnesty, wie Regierungstruppen und die regimetreue Schabiha-Miliz Protestierende verletzen und töten. Auch vor Unbeteiligten und Kindern werde nicht haltgemacht. Ärzte und Krankenschwestern hätten sich selbst in Gefahr gebracht, wenn sie Verwundeten helfen wollten. Assad-Gegner seien routinemäßig gefoltert worden, bis zum Tod. Wie der Report schildert, mussten Angehörige von Todesopfern unter Zwang unterschreiben, dass diese von "terroristischen Banden" getötet wurden.

    Chronologie des Aufstands in Syrien

    18. März 2011: Ermutigt von den Aufständen in anderen arabischen Ländern demonstrieren in Damaskus und weiteren syrischen Städten tausende Menschen. Es gibt erste Tote. Im April hebt Assad trotzdem den seit 48 Jahren geltenden Ausnahmezustand auf.

    22. April: Mehr als 100 000 Menschen gehen auf die Straße. Das Regime antwortet mit Gewalt. Mindestens 112 Demonstranten werden getötet.

    23. Mai: Die EU verhängt ein Einreiseverbot gegen Assad.

    31. Juli: Das Regime erobert die Widerstandshochburg Hama. Laut Opposition sterben mindestens 100 Menschen. Die Stadt war bereits 1982 nach Protesten Schauplatz eines Massakers gewesen, bei dem über 10 000 Menschen getötet wurden.

    2. Oktober: Die syrische Opposition bildet in Istanbul einen Nationalrat.

    19. Dezember: Die UN-Vollversammlung weist Syrien mit großer Mehrheit zurecht. Zuvor hatte die Arabische Liga Wirtschaftssanktionen gegen Assads Regime verhängt.

    22. Dezember: Die ersten Beobachter der Arabischen Liga treffen in Syrien ein. Das Assad-Regime hatte die Mission aufgrund internationalen Drucks akzeptiert. Am 28. Januar stoppt die Liga den Einsatz ihrer Beobachter wegen der Eskalation der Gewalt.

    4. Februar: Russland und China blockieren mit ihrem Veto erneut eine Syrien-Resolution im Weltsicherheitsrat. Nur wenige Stunden vor der Abstimmung wird aus der Protesthochburg Homs das schlimmste Blutbad seit Beginn der Proteste gemeldet. Hunderte Menschen sterben.

    7. Februar: Bei einem Besuch in Syrien zeigt Russlands Außenminister Sergej Lawrow Verständnis für das Vorgehen des Assad-Regimes.

    13. Februar: Empört weist das Regime den Vorschlag der Arabischen Liga zurück, UN-Friedenstruppen nach Syrien zu schicken. Kurz darauf nennt Assad den 26. Februar als Termin für ein Verfassungsreferendum. Die neue Verfassung tritt am 28. Februar in Kraft, nach offiziellen Angaben gab es 89 Prozent Zustimmung. Die Baath-Partei verzichtet damit auf ihre Vormachtstellung, an Assads Macht ändert das nichts.

    16. Februar: Die UN-Vollversammlung verurteilt die Gewalt des syrischen Regimes mit großer Mehrheit. Assad bleibt unbeeindruckt.

    24. Februar: Die Vereinten Nationen und die Arabische Liga ernennen den früheren UN-Generalsekretär und Friedensnobelpreisträger Kofi Annan zum gemeinsamen Sondergesandten für die Syrien-Krise.

    25. Februar: In Tunis gründen mehr als 60 Staaten die «Freundesgruppe» für ein demokratisches Syrien. Russland und China bleiben fern.

    27. Februar: Die EU-Staaten einigen sich auf ein Bündel von Maßnahmen gegen das Regime. Unter anderem wird das gesamte Vermögen der syrischen Nationalbank in der EU eingefroren.

    1. März: Die Lage in Syriens Oppositionshochburg Homs spitzt sich weiter zu. Nach wochenlangem Dauerbeschuss rücken Assads Truppen vor und stürmen das Viertel Baba Amro. Der UN-Menschenrechtsrat verurteilt die Angriffe auf Zivilisten und droht mit strafrechtlichen Konsequenzen. Russland, China und Kuba lehnen die Resolution ab.

    5. März: Die UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos reist nach Damaskus. Zuvor hatte die Führung tagelang die Einreise verweigert.

    8. März: Ranghohe Funktionäre wenden sich von Assad ab. Auf der Internet-Plattform YouTube erklärt der Vize-Ölminister Abdo Hossam al-Din seine Unterstützung für den Aufstand gegen das Regime.

    10./11. März: Kofi Annan setzt sich bei Treffen mit Assad in Damaskus für ein Ende der Gewalt ein. Doch das Blutvergießen geht weiter.

    Aleppo: Westerwelle zeigt sich entsetzt

    Bundesaußenminister Guido Westerwelle zeigte sich entsetzt über die Berichte aus Aleppo und nahm dabei ausdrücklich auch auf die Hinrichtung Bezug. Die Aufständischen trügen Verantwortung dafür, "dass Racheakte und Gewalt gegen Wehrlose unterbleiben". Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, erklärte auf einer Jordanien-Reise, dass Deutschland alles tun werde, damit der Konflikt nicht die Nachbarländer destabilisiere.

    In Damaskus flammten am Mittwoch erstmals Kämpfe nahe der christlichen Altstadt auf. Die Schießereien ereigneten sich nach Angaben der Syrischen Menschenrechtsbeobachter an den Rändern der Stadtteile Bab Tuma und Bab Scharki. Die Christen machen in Syrien etwa zehn Prozent der Bevölkerung aus. Den Aufständen stehen die meisten von ihnen reserviert gegenüber, weil sie befürchten, dass nach einem Sturz Assads Islamisten die Macht übernehmen könnten.

    Die UN-Generalversammlung beriet am Dienstag (Ortszeit) über eine neue Syrien-Resolution. Der ursprünglich von Saudi-Arabien eingebrachte Entwurf wendet sich gegen den Gebrauch von chemischen und biologischen Waffen, verurteilt die anhaltende Gewalt und ruft zu einem demokratischen Wandel auf. Diplomaten erwarten eine große Zustimmung unter den 193 UN-Mitgliedsländern. Eine Resolution des Gremiums ist nicht bindend.

    Syrien: Deutsche Hilfsorganisationen verstärken Bemühungen

    Deutsche Hilfsorganisationen verstärken derweil ihre Bemühungen, um die Not der syrischen Zivilbevölkerung zu lindern. Das Deutsche Rote Kreuz, Caritas International, das Technische Hilfswerk und die katholische Organisation Misereor bieten insgesamt 2,5 Millionen Euro auf, um Flüchtlingen in Syrien und den Nachbarländern zu helfen, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. dpa/AZ

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