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Justiz: Im NSU-Prozess kostet jeder Verhandlungstag 150.000 Euro

Justiz

Im NSU-Prozess kostet jeder Verhandlungstag 150.000 Euro

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    Die Angeklagte Beate Zschäpe mit ihren Anwälten Anja Sturm und Wolfgang Heer: Jeder Tag im NSU-Prozess kostet 150.000 Euro.
    Die Angeklagte Beate Zschäpe mit ihren Anwälten Anja Sturm und Wolfgang Heer: Jeder Tag im NSU-Prozess kostet 150.000 Euro. Foto: Andreas Gebert/Archiv (dpa)

    Der Münchner NSU-Prozess hat bisher Kosten von knapp 30 Millionen Euro verursacht. Jeder Prozesstag im Verfahren um die Verbrechen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" koste etwa 150 000 Euro, sagte der Präsident des Oberlandesgerichts München und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, Karl Huber.

    "Die Personalkosten und die Kosten für Verteidiger und Nebenkläger sind fix, daran kann man nichts ändern", sagte Huber. Die Gesamtkosten seien eine gewaltige Summe, "vor allem, wenn man bedenkt, dass die Opfer oder ihre Hinterbliebenen keinen einzigen Euro bekommen haben". 

    OLG-Sprecherin Titz betonte, die Summen seien für ein Staatsschutzverfahren angesichts der hohen Sicherheitsmaßnahmen nicht ungewöhnlich. Hinzu komme die unglaubliche Anzahl von Sitzungstagen. Seit dem Start am 6. Mai 2013 wurde schon an knapp 190 Tagen verhandelt.

    Anberaumt ist der Prozess vorerst bis zum Januar 2016.  Somit könnte das seit Mai 2013 laufende Verfahren der bislang teuerste

    Minister: Auf den NSU-Prozess schaut die ganze Welt

    Die juristische Aufarbeitung der NSU-Morde

    Der Prozess: Er begann im Mai 2013 vor dem Oberlandesgericht München und kann, so wird geschätzt, bis zu zweieinhalb Jahre dauern.

    Die Angeklagten: Auf der Anklagebank sitzen die 38-jährige, in Jena geborene mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe sowie vier Helfer der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU).

    Die Anklage: Dem NSU werden zehn Morde in den Jahren 2000 bis 2007 angelastet. Acht der Opfer waren türkischer Abstammung, ein Mann war Grieche.

    Letztes Opfer war die Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter.

    Alle wurden kaltblütig erschossen, aus nächster Nähe. Hinzu kamen zwei Sprengstoffanschläge mit 23 Verletzten.

    Die mutmaßlichen Täter und NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die sich kurz vor ihrer Festnahme töteten, entkamen immer unerkannt.

    Beate Zschäpe, so die Anklage, soll Mitglied der Terrorgruppe gewesen sein.

    Das Gericht: Der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts wird auch Staatsschutzsenat genannt. Er ist mit fünf Berufsrichtern besetzt.

    Der Senat ist zuständig bei Anklagen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Offenbarung von Staatsgeheimnissen.

    2012 hatte er zum Beispiel einen Freispruch gegen einen Journalisten aufgehoben, der den Schauspieler Ottfried Fischer mit einem Sex-Video zu einem Interview genötigt haben soll.

    Außerdem werden dort sämtliche Terrorprozesse in Bayern verhandelt. Der Strafsenat verhandelt auch Revisionsverfahren.

    Der Vorsitzende: Richter Manfred Götzl hat seine Karriere 1983 als Staatsanwalt begonnen. Er ist dafür bekannt, dass er sich strikt, fast bürokratisch an Regeln hält.

    In sieben Jahren als Schwurgerichtsvorsitzender kassierte der Bundesgerichtshof nur ein einziges seiner Urteile.

    Nebenkläger: Das Gericht hat 71 Nebenkläger eingeplant, darunter vor allem Angehörige der Mordopfer. (dpa/AZ)

    "Der NSU-Prozess ist einer, auf den ganz Europa, ja die ganze Welt schaut. Hier geht es um die juristische Aufarbeitung einer entsetzlichen rechtsextremistischen Anschlagsserie und damit auch um historische Verantwortung", sagte Bayerns Justizminister Winfried Bausback. "Die Frage der Kosten darf dabei in einem Rechtsstaat nicht das maßgebliche Kriterium sein. Ich habe hohen Respekt vor dem, was das Gericht in diesem komplexen Fall leistet." 

    Ursächlich für die Kosten ist unter anderem die Nebenkläger-Regelung. Huber spricht sich daher für eine Änderung aus: "Der Gesetzgeber müsste die Zahl der Anwälte beschränken, die die Nebenkläger vertreten." Andernfalls könne es passieren, dass ein Verfahren komplett zerfasere. Mit 80 Nebenklägern wie im NSU-Prozess könne man noch umgehen, aber es könne Völkermord-Prozesse mit Hunderten, Tausenden Opfern geben. 

    Im Münchner NSU-Prozess wird seit 22 Monaten verhandelt. Es geht um zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge, für die sich die Hauptangeklagte Beate Zschäpe verantworten muss. Neben Zschäpe sind vier mutmaßliche Unterstützer angeklagt. AZ, dpa

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