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Joachim Gauck: Bundespräsident Gauck darf NPD-Anhänger „Spinner“ nennen

Joachim Gauck

Bundespräsident Gauck darf NPD-Anhänger „Spinner“ nennen

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    Joachim Gauck darf NPD-Anhänger nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs als "Spinner" bezeichnen.
    Joachim Gauck darf NPD-Anhänger nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs als "Spinner" bezeichnen. Foto: Maurizio Gambarini, dpa

    Schloss Bellevue ist verwaist. Für einige Tage hat Bundespräsident Joachim Gauck seinen Amtssitz am Rande des Berliner Tiergartens verlassen. Am späten Dienstagnachmittag flog er zu einem dreitägigen Staatsbesuch nach Norwegen. In Oslo wird er sich unter anderem mit König Harald V. und Königin Sonja sowie Ministerpräsidentin Erna Solberg treffen und politische Gespräche führen.

    Kurz vor seinem Abflug erreichten den Bundespräsidenten noch zwei positive Nachrichten aus Karlsruhe, dem Sitz des Bundesverfassungsgerichts. Zwei Urteile verkündeten die Hüter des Grundgesetzes am Dienstag kurz hintereinander – und in beiden Fällen sprachen sie ganz im Sinne des Staatsoberhauptes.

    Zum einen erklärte der zweite Senat des Gerichts, dass sowohl die Wiederwahl von Horst Köhler im Jahr 2009 als auch die Wahl seines Nachfolgers Christian Wulff im Jahre 2010 verfassungsmäßig war.

    Joachim Gauck darf NPD- Anhänger als Spinner bezeichnen

    Und zum anderen stellten die Richter klar, dass Gauck die Mitglieder und Anhänger der rechtsradikalen NPD sehr wohl als „Spinner“ bezeichnen durfte. In beiden Fällen hatte die

    „Der Bundespräsident ist dankbar für die Klarstellung des Bundesverfassungsgerichts“, sagte sein Staatssekretär David Gill nach einem Telefonat mit dem Staatsoberhaupt. Das Urteil habe Gaucks Auffassung bestätigt, dass er mit seinen Äußerungen die Rechte der NPD nicht verletzt habe. Der Richterspruch habe „Bedeutung über den Fall hinaus“.

    NPD-Kandidat durfte sich nicht vorstellen

    Sowohl bei der Bundesversammlung am 23. Mai 2009 als auch bei der Bundesversammlung am 30. Juni 2010 hatte die NPD beantragt, dass ihr Kandidat, der rechtsextreme Liedermacher Frank Rennicke, die Gelegenheit erhalten solle, sich persönlich vorzustellen. Dies hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert beide Male abgelehnt, da nach den Bestimmungen des Grundgesetzes die Wahl des Staatsoberhauptes „ohne Aussprache“ stattfinde.

    Zu Recht, befanden nun die Richter des Verfassungsgerichts. „Eine Personal- oder Sachdebatte über oder mit dem Kandidaten soll gerade ausgeschlossen sein“, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle zur Begründung, die Delegierten hätten keine Rede- und Antragsrechte wie Bundestagsabgeordnete. Die Wahl des Präsidenten sei ein gewollter „demokratisch veredelter Rückgriff auf das Erbe der konstitutionellen Monarchie“.

    Er sei vom Verfassungsgeber so gewollt gewesen. Mit dieser Begründung wies das Gericht die Anträge von NPD-Chef Udo Pastörs und zwei NPD-Landtagsabgeordneten, die beiden Wahlen für ungültig zu erklären, als „nicht statthaft“ zurück.

    Bundespräsident Joachim Gauck nannte NPD-Anhänger "Spinner"

    Politisch deutlich brisanter war Klage Nummer zwei der NPD. Im Sommer vergangenen Jahres, mitten im Bundestagswahlkampf, hatte Gauck mit Blick auf von der NPD organisierte ausländerfeindliche Proteste gegen ein Asylbewerberheim in Berlin-Hellersdorf vor Schülern gesagt: „Wir brauchen Bürger, die auf die Straße gehen und den Spinnern ihre Grenzen aufweisen.“

    Das wollte die NPD nicht auf sich sitzen lassen. Sie sah ihre Rechte auf Wahrung der Chancengleichheit im Wahlkampf verletzt und klagte gegen den Präsidenten.

    Die Wortwahl des Präsidenten sei nicht zu beanstanden

    Aber auch diese Klage wiesen die Hüter der Verfassung zurück. Das Staatsoberhaupt habe eine weitreichende Redefreiheit und entscheide selber, wie es seine Repräsentations- und Integrationsaufgaben erfülle, stellte Voßkuhle klar. Zwar habe der Präsident mit der Bezeichnung „Spinner“ ein negatives Werturteil abgegeben, das für sich genommen durchaus als diffamierend empfunden werden könne.

    Im Zusammenhang gesehen sei die Wortwahl aber nicht zu beanstanden. „Spinner“ stehe hier für Menschen, „die die Geschichte nicht verstanden haben und, unbeeindruckt von den verheerenden Folgen des Nationalsozialismus, rechtsradikale, nationalistische und antidemokratische Überzeugungen vertreten“. Gleichwohl müsse er das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit beachten, betonten die Richter.

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