Mark Zuckerberg und Jan Philipp Albrecht sind fast gleich alt, der eine ist 33 Jahre alt, der andere 35. Sie kleiden sich auch ähnlich, beide tragen gerne Kapuzenpullis oder T-Shirts. Und sie sind beide besessen von der modernen Datenwelt. Doch da hören die Gemeinsamkeiten schon auf. Zuckerberg hat ein Milliardenunternehmen unter der Prämisse aufgebaut, gesammelte Daten möglichst geschickt zu vermarkten. Und Albrecht, seit neun Jahren Europapolitiker der Grünen, hat seine politische Karriere darauf aufgebaut, genau dies zu verhindern.
Lange wurde Albrecht in diesem Kampf kaum ernst genommen, schon gar nicht von Facebook selbst, das sich für politisch unantastbar hielt – weil doch scheinbar jeder Politiker, angefangen bei US-Präsident Barack Obama, das Netzwerk so gerne für den Wahlkampf nutze. Was wollten da diese Europäer, ausgerechnet mit ihrem Parlament, das selbst vielen Europäern als Quassel-Bude erscheint?
Albrecht schätzt die Sachpolitik im Europaparlament
Aber Facebook hatte unterschätzt, welche Macht geschickt operierende Europaparlamentarier mittlerweile entfalten können. Albrecht, Jurist mit Schwerpunkt Datenrecht, hatte sich bewusst für eine Karriere in Brüssel entschieden, weil es dort eher um Sach- als um Machtpolitik geht. Im Parlament machte er sich rasch einen Namen als oberster Datenschützer vom Dienst, er schmiedete unermüdlich Allianzen zwischen 28 Rechtsordnungen in der EU, nutzte geschickt die Entrüstung über die Snowden-Enthüllungen, um die Datenschutzgrundverordnung durchzupeitschen – jene Regelung, die gerade Konzerne, Vereine, Organisationen quer über den Kontinent ins Schwitzen bringt.
An Entschlossenheit stand er dabei Zuckerberg nicht nach. Und obwohl Albrecht so unprätentiös daher kommt, ist er ein höchst geschickter Selbstvermarkter. Er lässt sich für Dokumentarfilme begleiten, er verschickt witzige Weihnachtskarten, er ist zu jeder Tages-und Nachtzeit für Journalisten erreichbar.
Europapolitiker Albrecht wechselt nach Schleswig-Holstein
Und der Niedersachse, der neben der deutschen auch die französische Staatsbürgerschaft hat, kann gerade triumphieren. Denn Europa steht auf einmal als visionär im Umgang mit Facebook da, seit die neuesten Abgründe des Datenklaus im Netz bekannt geworden sind. Während US-Politiker sich bei der Anhörung von Zuckerberg im Kongress eher hilflos zeigten, sind die Europäer schon weiter. Mit der Datenschutzgrundverordnung können sie bis zu vier Prozent des Konzernumsatzes bei Verstößen als Strafe verhängen, das ist eine Menge Geld.
Albrecht kündigt an, es werde „kein Pardon“ geben. Das Europaparlament will Zuckerberg vorladen, schließlich gebe es hier mehr Facebook-Nutzer als in den USA. Aber dann wird Albrecht vermutlich nicht mehr da sein, er soll in wenigen Monaten Nachfolger von Robert Habeck in Schleswig-Holstein werden, als Minister für Umwelt, Natur, Landwirtschaft und Energie. Kuhstall statt Laptop? Von wegen. Albrechts Ministerium wird eine eigene Abteilung für Digitalisierung erhalten, natürlich.