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Italien: Wie einst Mussolini

Italien

Wie einst Mussolini

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    Matteo Salvini hat keine Berührungsängste.
    Matteo Salvini hat keine Berührungsängste. Foto: Claudio Giovannini, dpa

    Francesco Polacchi sagt es ganz offen: „Ich bin Faschist und stehe dazu.“ 33 Jahre alt ist der Mann, er stammt aus Rom. In der Szene kennt man Polacchi als harten Hund, der sich bei keiner Schlägerei versteckt und mehrfach vorbestraft ist wegen schwerer Körperverletzung. Er ist Aktivist bei Casa Pound, einer offen neofaschistischen Partei, und steht derzeit in Italien vor allem als Unternehmer im Fokus. Polacchi ist Inhaber der Bekleidungsfirma Pivert, die Jacken herstellt, die in Neonazikreisen besonders beliebt sind. Und er ist Inhaber des Verlags Altaforte, der zur Turiner Buchmesse einen Interviewband mit dem italienischen Innenminister Matteo Salvini herausgegeben hat.

    Polacchi ist in Italien derzeit in aller Munde. Das hat mit seinen geschäftlichen Aktivitäten zu tun, für die nun ausgerechnet der Innenminister als inoffizieller Werbeträger fungiert. Salvini zeigte sich in der Vergangenheit nicht nur mit Pivert-Jacke bei einem Besuch im Fußballstadion. Die Interview-Biografie erschien ausgerechnet im ultrarechten Polacchi-Verlag. Die beiden Männer kennen sich. 2015 saß man gemeinsam mit anderen Neofaschisten zusammen – Polacchi hielt das harmonische Treffen fotografisch fest. Immer wieder paktierte Salvinis Lega mit Casa Pound. Und nun, da der Politiker ganz oben angekommen ist, stellt sich die Frage: Wie rechts oder nazifreundlich ist der italienische Innenminister selbst?

    Die Frage ist insofern relevant, als Salvini nicht nur der derzeit einflussreichste italienische Politiker in der Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega ist. Der 46-jährige Chef der rechten Lega, die ebenso christdemokratisch angehauchte und separatistisch orientierte Unternehmer wie ultrarechte Extremisten vereint, schmiedet derzeit als Identifikationsfigur an einem Bündnis der europäischen Rechtsaußenparteien und schickt sich an, mittelfristig selbst italienischer Regierungschef zu werden. Seine Partei liegt in Umfragen bei etwa 35 Prozent, ein Rechtsbündnis käme derzeit in Italien auf eine Mehrheit. Der Anführer ist Salvini. Wie ernst muss man seine Verbindungen zu Neonazis nehmen?

    In Turin herrschte in den vergangenen Tagen Aufregung. Mehrere Autoren sagten ihre Teilnahme an der Buchmesse aus Protest ab. Die Bürgermeisterin sowie der Regionspräsident zeigten Salvinis Kompagnon Polacchi wegen seiner Aussagen bei der Staatsanwaltschaft an, schließlich wurde der Altaforte-Verlag wegen Polacchis Äußerungen von der Buchmesse ausgeschlossen. Polacchi hatte den Antifaschismus als „das wahre Übel dieses Landes“ bezeichnet und Mussolini als „größten Staatsmann Italiens“. Salvini verwehrte sich nicht gegen diese Aussagen. Im Gegenteil, der Innenminister bedient augenscheinlich selbst immer wieder ganz bewusst die neofaschistische Wählerklientel.

    Im Wahlkampf vor den Parlamentswahlen stattete er einem Mussolini-Verehrer einen Besuch ab. Zum Mussolini-Geburtstag zitierte er den Duce mit dessen Lieblingsspruch „Viel Feind, viel Ehr“.

    Salvini sprach auch schon von einer „Achse Rom–Berlin“, die nicht nur Historiker an das Bündnis zwischen den Diktatoren Mussolini und Hitler erinnerte. Der jüngste Tabubruch des Innenministers datiert vom Wochenende. Zum Abschluss seines EU-Wahlkampfes in der Region Emilia Romagna ließ sich Salvini die Tür zum Rathausbalkon der Stadt Forlì aufsperren und sprach von dort zur Menge auf dem Platz. Von demselben Balkon hatte auch Mussolini mehrfach zum Volk gesprochen und der Hinrichtung von Partisanen zugesehen.

    Beobachter wollen bei so vielen Parallelen nicht mehr an Zufall glauben.

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