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Istanbul/Berlin: Medien: Altkanzler Schröder erwirkte bei Erdogan Freilassung von Steudtner

Istanbul/Berlin

Medien: Altkanzler Schröder erwirkte bei Erdogan Freilassung von Steudtner

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    Peter Steudtner ist freigelassen worden.
    Peter Steudtner ist freigelassen worden. Foto: Turkey Release Germany, dpa

    Bei der Freilassung des Menschenrechtlers Peter Steudtner hat der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder eine zentrale Rolle gespielt. Schröder habe den Fall bei einem Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan angesprochen und erreicht, dass Steudtner aus der Haft entlassen wird, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland am Donnerstag. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bestätigte im Gespräch mit dem Spiegel den Einsatz des Alt-Kanzlers: "Ich bin Gerhard Schröder sehr dankbar für seine Vermittlung", sagte er. "Es ist ein erstes Zeichen der Entspannung, denn die türkische Regierung hat alle Zusagen eingehalten. Nun müssen wir weiter an der Freilassung der anderen Inhaftierten arbeiten."  

    Deutsche Gefangene in der Türkei

    In der Türkei sind mindestens sechs Bundesbürger aus politischen Gründen inhaftiert, die Dunkelziffer dürfte noch höher sein.

    Die Inhaftierungen haben eine schwere Krise zwischen Berlin und Ankara ausgelöst.

    Die Bundesregierung fordert die Freilassung der Deutschen.

    Das sind die Gefangenen:

    Ilhami A. (46)aus Hamburg: Der Taxifahrer aus Hamburg wurde Mitte August in der osttürkischen Provinz Elazig verhaftet. Der Vorwurf lautet Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, die in der Türkei und der EU als Terrororganisation gilt.

    Dennis E. (55) aus Hamburg: Auch im Fall Dennis E. geht es um Facebook-Posts und den Vorwurf der Terrorpropaganda für die PKK. Die türkische Polizei nahm den 55-Jährigen Ende Juli bei einem Besuch im südtürkischen Iskenderun fest, wo er auch inhaftiert ist. 

    Hozan Cane (Mitte 40) aus Köln: Polizisten hielten vor den Wahlen Ende Juni einen Bus der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP an und nahmen die kurdischstämmige Sängerin mit dem Künstlernamen Hozan Cane mit. Cane hatte im westtürkischen Edirne eine Wahlkampfveranstaltung der HDP unterstützt. Ihr wird die Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorgeworfen. 

    Adil Demirci (Anfang 30) aus Köln: Der Sozialarbeiter war Mitte April in Istanbul festgenommen worden. Er schrieb aus Deutschland frei für die linke Nachrichtenagentur Etha, für die auch Mesale Tolu arbeitete. Wie Tolu wird Demirci Mitgliedschaft in der linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei vorgeworfen. Die MLKP gilt in der Türkei als Terrororganisation. 

    Patrick K. (29) aus Gießen: Patrick K. war Mitte März nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu im türkisch-syrischen Grenzgebiet festgenommen worden. Anadolu schreibt, er habe sich in Syrien der Kurdenmiliz YPG anschließen wollen. Nach Angaben seiner Familie war K. zum Wandern in der Türkei. 

    Enver Altayli (73): Schon ein Jahr lang sitzt Altayli ohne Anklage in Einzelhaft - seine Familie macht sich Sorgen um seine Gesundheit. Altayli ist Jurist und arbeitete in den 60er Jahren für den türkischen Geheimdienst MIT. Im August vergangenen Jahres war er in Antalya festgenommen worden, wo die Familie eine Ferienanlage betreibt. Ihm wird Unterstützung der Gülen-Bewegung vorgeworfen, die in der Türkei als Terrororganisation eingestuft ist.

    Diese Deutschen wurden mittlerweile freigelassen und konnten in ihre Heimat zurückkehren:

    Peter Steudtner (45): Der Menschenrechtler ist Ende Oktober nach mehr als drei Monaten in Untersuchungshaft freigekommen.

    Mesale Tolu (34) kehrte am 26. August 2018 zurück in ihre Heimat Neu-Ulm. Die Journalistin war im April 2017 von schwer bewaffneten Polizisten festgenommen. Nach 17 Monaten in Gefangenschaft konnte sie nach Deutschland zurückkehren.

    Deniz Yücel: Der44-Jährige saß vom 14. Februar 2017 bis zum 16. Februar 2018 wegen angeblicher Terrorpropaganda in türkischer Untersuchungshaft. Nach rund einem Jahr konnte der Korrespondent nach Deutschland zurückkehren.

    Schröder ließ am Donnerstag in Berlin erklären, dass er dazu keine Stellungnahme abgeben werde. Er freue sich gleichwohl über die Freilassung Steudtners.

    Nach Informationen des Spiegels war Schröder eine Woche nach der Bundestagswahl zu Erdogan gereist - nach einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Der Alt-Kanzler habe bei Erdogan nur intervenieren wollen, wenn die Kanzlerin ihn als Beauftragten der gesamten Bundesregierung schickt. dpa/AZ

    Unsere Türkei-Korrespondentin nennt den Prozess ein "Armutszeugnis". Lesen Sie hier ihren Kommentar zum Fall Steudtner.

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