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Istanbul: Anschlag in Istanbul: Was wir bislang wissen und was nicht

Istanbul

Anschlag in Istanbul: Was wir bislang wissen und was nicht

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    Nach dem Attentat von Istanbul sind noch nicht alle Fragen geklärt.
    Nach dem Attentat von Istanbul sind noch nicht alle Fragen geklärt. Foto: Bulent Kilic/afp photo

    Das Attentat auf den Flughafen in Istanbul am Dienstagabend ist noch nicht aufgeklärt. Jedoch hat die türkische Polizei am Donnerstagmorgen bei Razzien 13 Verdächtige festgenommen. Unter den Festgenommenen seien auch drei Ausländer, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu. Die Polizei habe in der Bosporus-Metropole gleichzeitig 16 Wohnungen durchsucht.

    Das sind die wichtigsten Fragen zum Terroranschlag.

    Was war passiert?

    Drei Männer haben auf dem Atatürk-Airport in Istanbul am Dienstag gegen 21 Uhr deutscher Zeit ein Selbstmordattentat verübt. Der türkische Ministerprädsident Binali Yildirim sagte, die Angreifer hätten zunächst um sich geschossen und sich dann in die Luft gesprengt.

    Wo sprengten sich die Attentäter in die Luft?

    Einer der drei Selbstmordattentäter ist nach Angaben aus Regierungskreisen doch in die Abflughalle des Internationalen Terminals gelangt. Der erste Attentäter habe sich an der Sicherheitskontrolle im Eingangsbereich in die Luft gesprengt und damit Chaos ausgelöst, sodass der zweite Attentäter ins Gebäude gelangen und seinen Sprengsatz in der Abflughalle im ersten Stock zünden konnte, hieß es am Mittwochabend aus Regierungskreisen. Ein dritter Attentäter sprengte sich demnach anschließend draußen vor dem Gebäude in die Luft. Mutmaßlich habe er damit fliehende Menschen treffen wollen. Zunächst hatte es aus Regierungskreisen geheißen, keiner der drei Angreifer habe die Sicherheitsschleusen zum internationalen Terminal passiert. Augenzeugenberichte und Videos in sozialen Medien hatten jedoch früh darauf hingedeutet, dass mindestens ein Angreifer in den Innenbereich gelangte.

    Wie viele Tote und Verletzte gibt es?

    Das Istanbuler Gouverneursamt teilte am Mittwoch mit, drei Selbstmordattentäter hätten bei dem Anschlag auf den größten Flughafen der Türkei am Vorabend 41 Menschen mit in den Tod gerissen. Inzwischen ist noch eine Frau ihren schweren Verletzungen erlegen. Damit steigt die Zahl der Todesopfer auf 42. Etwa 13 der Todesopfer kamen aus dem Ausland, auch eine Deutsche ist unter den Opfern. Aus Regierungskreisen in Ankara hieß es, bei den getöteten Ausländern handele es sich um Saudis, Iraker, einen Tunesier, einen Usbeken, einen Chinesen, einen Iraner, einen Ukrainer und einen Jordanier. Gesundheitsminister Recep Akdag sagte am Mittwochnachmittag, 128 Verletzte seien weiterhin in Krankenhäusern, 41 davon auf der Intensivstation.

    Wer steckt hinter dem Attentat?

    Die Nationalität der Angreifer, die sich in die Luft sprengten, blieb zunächst unklar. Die Regierung verdächtigte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Ministerpräsident Binali Yildirim sagte bei einem Besuch am Atatürk-Airport, erste Hinweise deuteten auf den IS als Urheber hin. Die türkische Polizei fahndete nach dem Hintermännern des Anschlags. Zunächst übernahm keine Gruppierung die Verantwortung. Der IS hat sich noch zu keinem der ihm in der Vergangenheit zugeschriebenen Anschläge in der Türkei bekannt. Yildirim sagte, die Attentäter seien mit einem regulären Taxi zum Flughafen gefahren. Die Nachrichtenagentur DHA berichtete, die Polizei habe den Taxifahrer nach einem Verhör freigelassen. Weitere Festnahmen wurden zunächst nicht gemeldet.

    Bombenanschläge in Istanbul: ein Überblick

    Die türkische Metropole Istanbul war in den vergangenen Monaten immer wieder das Ziel von Attentaten mit Bomben. Einige Fälle:

    Juni 2016: Die Explosion einer ferngezündeten Autobombe tötet im Zentrum Istanbuls elf Menschen, 36 weitere werden verletzt. Bei den Toten handelt es sich um sechs Polizisten und fünf Zivilisten. Eine PKK-Splittergruppe bekennt sich auf ihrer Internetseite zu der Tat.

    Mai 2016: Bei einem Autobombenanschlag auf das Militär werden fünf Soldaten und drei Zivilisten verletzt. Das Auto detoniert in der Nähe einer Kaserne, als ein Militärfahrzeug vorbeifuhr. Nach türkischen Medienberichten bekannte sich die kurdisch-nationalistische PKK zu dem Anschlag.

    März 2016: Ein Attentäter sprengt sich auf der zentralen Einkaufsstraße Istiklal in die Luft und reißt vier Menschen mit in den Tod, 39 weitere werden verletzt. Drei der Todesopfer sind Israelis, eines ist aus dem Iran. Laut türkischer Regierung hatte der Attentäter Verbindungen zur sunnitischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

    Januar 2016: Bei einem Anschlag im historischen Zentrum Istanbuls werden zwölf Deutsche getötet. Der Angreifer sprengt sich mitten in einer deutschen Reisegruppe in der Nähe der Hagia Sophia und der Blauen Moschee in die Luft. Der Attentäter gehörte nach Angaben der türkischen Regierung dem Islamischen Staat (IS) an.

    August 2015: Bei einem Bombenanschlag und einem anschließenden Angriff auf eine Polizeiwache werden mindestens vier Menschen getötet. Eines der Todesopfer ist Polizist, die drei anderen sind die Attentäter. Laut türkischen Medien bekannte sich die PKK zu der Tat.

    Neben dem IS verübt auch die TAK - eine Splittergruppe der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK - immer wieder Anschläge in türkischen Metropolen. Erst vor drei Wochen waren bei einem Anschlag der TAK in Istanbuls Stadtmitte elf Menschen getötet worden. Die TAK hat auch ausländische Urlauber vor Türkeibesuchen gewarnt. Im vergangenen Dezember hatte die Gruppierung einen Mörserangriff auf den Flughafen Sabiha Gökcen verübt.

    Wie häufig ist Istanbul Ziel terroristischer Anschläge?

    Es ist bereits der vierte schwere Anschlag in Istanbul seit Jahresbeginn. Bei einem IS-Selbstmordanschlag im Istanbuler Zentrum waren im Januar zwölf deutsche Urlauber getötet worden.

    Welche Auswirkungen hat der Anschlag auf den Tourismus?

    Die Bluttat zum Beginn der Feriensaison in Europa dürfte die Krise der Tourismusbranche in der Türkei noch verschärfen. Erst am Dienstag war für Mai einen Rückgang der Besucherzahlen um 34,7 Prozent gemeldet worden, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. 

    Gab es beim Terroranschlag von Istanbul Sicherheitslücken?

    Die türkische Regierung sieht keine Versäumnisse bei der Sicherheit. "Weder im Abflug- noch im Ankunftsbereich am Flughafen kann von einer Sicherheitslücke die Rede sein", sagte Ministerpräsident Binali Yildirim. Dennoch konnte einer der Attentäter in die Abflughalle gelangen, nachdem die erste Bombe gezündet worden war.

    Wie sieht es mit dem Flugverkehr in Istanbul aus?

    Während es nach den Anschlägen von Brüssel vom März knapp zwei Wochen dauerte, bis der Flughafen wieder freigegeben war, konnte der Luftverkehr auf dem Flughafen in Istanbul bereits nach einigen Stunden nach dem Attentat wieder aufgenommen werden. Erste Flüge von Turkish Airlines landeten am frühen Mittwochmorgen. Es gab es auch schon wieder Flüge aus Deutschland nach Istanbul. Der Angriff sorgte dennoch für massives Chaos im Flugverkehr. Turkish Airlines strich am Mittwoch mehr als 340 Flüge. Die Airline bot allen Reisenden mit Buchungen vom oder zum Atatürk-Airport an, Flüge kostenlos umzubuchen oder zu stornieren. In der Nacht waren etliche Reisende vor dem Airport gestrandet. Der Atatürk-Flughafen hat in etwa ein Passagieraufkommen wie der Airport Frankfurt/Main. Er liegt auf der europäischen Seite Istanbuls. Auf der asiatischen Seite liegt der kleinere Flughafen Sabiha Gökcen.

    Wie reagiert die Regierung?

    Nach dem Anschlag kam der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara zu einem Krisentreffen mit Ministerpräsident Yildirim und Armeechef Hulusi Akar zusammen. In einer Mitteilung rief Erdogan die Welt und besonders westliche Staaten zum entschlossenen Handeln gegen die Terrorbedrohung auf. "Jeder soll wissen, dass die Terrororganisationen nicht unterscheiden zwischen Istanbul und London, Ankara und Berlin, Izmir und Chicago, Antalya und Rom." 

    Nach Angaben der Rundfunkbehörde RTÜK verhängte ein Gericht in Istanbul eine Nachrichtensperre über den Anschlag. Betroffen seien "jede Art von Nachricht, Interview und Bilder vom Anschlagsort in den Druck- und visuellen Medien, den sozialen Medien und Internetmedien". dpa

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